Die Worte ‚Examen’ und ‚Spiritualität’ passen nicht recht zusammen, hat das eine doch mit Freiheit und Geist zu tun und das andere riecht nach Noten und Auswendig lernen. Und doch hat das Wort ‚Examen’ in der jesuitischen Tradition einen hohen Stellenwert, bezeichnen wir damit doch das wichtigste Gebet des Tages.
Es ist der Tagesrückblick, der im Exerzitienbuch des Ignatius vorgeschlagen wird und in der Ausbildung zum Jesuiten vorgeschrieben ist. Von dort aus hat es seinen festen Platz in der christlichen Welt erobert. Ignatius hat es nicht erfunden, aber in seiner Systematik – das war vielleicht sein größtes Genie: geistlicher ordnen können – hat es in dieser Form sicherlich die größte Wirkung gehabt.
Das Wort ‚Prüfung’ ist gar nicht mal so schlecht, soll man doch prüfen, was einen den Tag über bewegt hat. Darüber kommt man dann ins Gebet: Ein Dank, dann ein Blick auf den Tag, dann die Frage wo Gott in all dem war und dann der Blick auf den Herrn im Gebet.
Papst Franziskus hat das neulich in einer seiner Morgenpredigten wunderbar formuliert:
„Wir haben die Angewohnheit, uns vor dem Ende des Tages zu fragen: ‚Was hat der Heilige Geist heute in mir getan? Was für ein Zeugnis hat er in mir abgelegt? Wie hat er gesprochen? Was hat er in mir angeregt?’ Es ist eine göttliche Präsenz in uns, die uns weiterhilft auf unserem Lebensweg als Christen. Er möge uns schenken, wie wir im Gebet erbeten haben, dass uns in jedem Augenblick unseres Lebens die Fruchtbarkeit des Osterfestes vor Augen stehe. So sei es.“