Ihr halbes Leben hat sie in Amazonien verbracht. Seitdem sie 13 Jahre alt war hat sie davon geträumt, ihr Leben diesen Völkern widmen zu können. „Und das hat irgendwie funktioniert“, sagt Adriana Huber Azevedo heute, nach zwanzig Jahren hier in Amazonien.
Sie habe sich selber hier finden können, sowohl bei den Menschen, als auch in der Aufgabe, erzählt sie mir in einem Gespräch in der kleinen Stadt Autazez, am Rio Maderinha. Zuvor hatten wir unter ihrer Anleitung das Volk der Mura besucht. Sie selber arbeitet beim Cimi, der ungelenk auf Deutsch „Indianermissionsrat“ genannten Institution. Es geht um den Einsatz der Kirche für die indigenen Völker, dessen Präsident ist im Augenblick Bischof Erwin Kräutler.
Ihr Leben diesen Völkern widmen
Aber das ist die Gefahr, wenn man von den Institutionen spricht, von Anwaltschaft, von Rechten und von Gefahren: irgendwie geraten die einzelnen Menschen, die Begegnungen, aus dem Blick.
Also meine Frage noch mal an Adriana Huber Azevedo: was findet eine Schweizerin so faszinierend, dass sie ihr Leben hier lebt?
Es sei die Art und Weise, wie die indigenen Völker die Welt sehen, erklärt mir die Sozialanthropologin. Wobei diese Studienbezeichnung an Büro, Computer und abstrakte Konzepte denken lässt. Dass kann Adriana Huber auch, aber in Havaianas, lockerer Kleidung und nur mit einem wasserdichten Rucksack bepackt ist sie nicht die akademische Beobachterin.
Nicht Beobachterin, sondern dabei
„Das was wir Umwelt oder Natur nennen, das sehen diese Völker nicht als Objekt, sondern als Gesprächspartner und politisches Subjekt.“ Beziehungen zu anderen Lebewesen, das klingt fast schon esoterisch, ist es aber ganz und gar nicht. Es sei halt keine Reduktion auf Ressourcen, erklärt die Schweiz-Brasilianerin.
Bei aller Überzeugung und bei allem Einsatz kommt sie aber so gar nicht kämpferisch herüber. Ab und zu tastet sie nach deutschen Worten, die ihr entgleiten, sie wirbt ehr und spricht leise, man hört klar, dass sie das Sprechen für die Rechte nicht den Indigenen abnehmen will. Sie setzt sich nicht an ihre Stelle. Sie hilft beim und zum Sprechen.
Beim Sprechen helfen
Beim Thema Bildung kommen dann ihre beiden Welten, die Realität des Amazonas und die Ausbildung an der Uni, zusammen. Sie spricht von der Kolonisierung des Wissens und durch Wissen, wenn es um Bildung geht. „Wir leben in einer vernetzten Welt, es ist eine Klischeevorstellung, dass die indigenen Völker isoliert von anderen leben“. Sie brauchen Wissen, um sich in unserer sich verändernden Welt durchsetzen zu können. Aber eben auf ihre eigene Art, in ihrer eigenen Sprache.
Lange sie ihnen eingeredet worden, dass ihr eigenes Wissen keinen Wert habe, das traditionelle Wissen um Heilung und um die Natur. Das müsste sie zurückgewinnen dürfen.
Adriana Huber Azevedo bleibt Brücke, auch wenn nicht immer gleich das richte Wort zur Hand ist, der Schweizer Akzent hat überlebt. In ihr kommt die Begegnung der Welten zusammen, vor allem auch der europäisch geprägten weißen, westlichen Welt und die Welt der indigenen Völker.
Das alles auf positive Art verbinden, das gibt sie mir am Ende unseres Gesprächs mit. Das könnte für ihren Lebensstil und ihre Arbeit auch sagen: positiv verbinden.