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Schlagwort: Versuchung

Gott legt keine Hinterhalte!

Veröffentlicht am 7. Mai 20199. April 2020
Übersetzung des Vaterunser William Blake: The Examination of Hiob.

Es ist eine Leistung der besonderen Sorge, das Thema Glaube und Gebet auf die Titelseiten der großen Zeitungen zu bringen, und zwar weltweit. Das schafft nicht jeder. Selbst wenn man eine Kampagne anstrengen würde mit dem Ziel, genau das zu schaffen, würde man scheitern. Papst Franziskus schafft das mit einer kurzen Bemerkung. Sie erinnern sich? Genau, die Übersetzung des Vaterunser.

Im Dezember 2017 war das. Und wie gesagt, weltweit sprachen Journalisten, Bischöfe, Theologen über das Thema Versuchung, Bibelübersetzung und Gebet. Großartig!

Übersetzung des Vaterunser

Die Debatte mag ich hier nicht noch einmal nachzeichnen, nur hat es sich in meinen Augen sehr gelobt, die ganz verschiedenen Beiträge dazu zu verfolgen. Da ging es um das griechische Original des Textes, um den Jakobusbrief, es ging um die Natur des Bösen und was eine Versuchung im Leben so alles anrichtet.

Jetzt hat der Papst noch einmal nachgelegt, am 1. Mai war das, in einer Generalaudienz zum Thema. Erst mal räumte er theologische Unsicherheiten beiseite:

„Wie bekannt ist der griechische Originalausdruck in den Evangelien schwer exakt zu übersetzen, und alle modernen Übersetzungen humpeln da ein bisschen. Auf ein Element aber können wir uns alle einigen: Wie auch immer man den Text versteht, wir können ausschließen, dass es Gott wäre, der die Versuchungen auf dem Weg des Menschen auslöst. Als ob Gott seinen Kindern einen Hinterhalt legen würde! Eine derartige Interpretation widerspricht vor allem dem Text selbst und ist auch weit entfernt von dem Bild Gottes, das Jesus uns offenbart hat.“

Spannungsfeld Freiheit – Versuchung

Er betont aber auch noch einmal den Sinn dieser Bitte, nämlich das Spannungsfeld zwischen unserer Freiheit und Gottes Umgang damit. Die Botschaft aus der Bibel laute, dass Gott in diesen Versuchungen an unserer Seite stehe, nicht uns als Konkurrent gegenüber. Gott probiert uns nicht aus, Gott sieht uns nicht als Spielball oder als etwas zu Testendes. Gott begleitet.

Wobei wir bei Hiob wären.

Der wird zwar nicht in Versuchung geführt, erlebt aber Leid. Er erlebt, dass Gott ihn dem Leid aussetzt. So erzählt es jedenfalls die biblische Geschichte. Hiob wird Opfer einer „Wette“ zwischen Gott und Satan. Hier geschieht etwas sehr Spannendes: während Religion – bis Hiob, sozusagen – von einer Balance ausging und davon, dass Leid Ausgleich sei für Fehlverhalten, wird das nun durchbrochen. Das Leiden Hiobs ist sinnlos. Er hatte sich nichts zu Schulden kommen lassen.

Hiob – Leid- Versuchung

Das hat Auswirkungen auf das Gottesbild in diesem biblischen Buch. Hiob geschieht nicht, wie es ihm zukommt. Die Welt ist nicht gerecht, sie belohnt nicht gutes Verhalten und bestraft böses. Leiden ist nicht Teil der Weltordnung, hat keinen Sinn, das ist die Spitze dieses Buches.

Dieser Glaube, dass Leiden etwas mit Schuld zu tun hat, war wichtig gewesen. Denn wer Schuld hat, der kann dann selber etwas dagegen tun. Dieser Glaube ermächtigt den Menschen, es belastet ihn gleichzeitig aber auch, weil es auf einmal an ihm hängt, ob er leidet. Genau das durchbricht das Buch Hiob.

Gott kommt nicht gut weg

Gott kommt in diesem in Märcheform geschrieben Buch nicht gut weg. Dieser Gott wäre ein Gott, der in Versuchung führt, oder jemanden sehenden Auges in die Versuchung führen lässt. Der Philosoph Christoph Türcke macht in einem wunderbaren Essay auf etwas Wichtiges aufmerksam: Solange Hiob nun das Böse als umsonst wahrnimmt, als „unerforschlichen Ratschluss Gottes“, kann er es hinnehmen. Wenn er aber erfahren würde, dass es der Deal zwischen Gott und Satan war, dann hätte wohl das getan, was Satan vorausgesagt hat, nämlich Gott geflucht.

Umso verwunderlicher ist es, dass dieses Buch in den Kanon der Heiligen Schrift aufgenommen wurde. Wie gesagt, wie die Geschichte erzählt wird kommt Gott da nicht gut weg. Aber genau das ist es vielleicht, was uns beim Thema Versuchung hilft.

Das Thema Versuchung

„Führe uns nicht in Versuchung“ klingt ja genau nach so einem Gott. Aber erst im Gesamtbild, erst mit der Bewusstwerdung und Entwicklung des Gottesbildes wird daraus der Erlöser, der Befreier. Das Vaterunser zeichnet im Bitten unseren Glaubensweg nach. Auch das gehört zur Frage nach der Übersetzung des Vaterunser.

Wenn wir die Bitte aussprechen müssten, genau weil Gott ein Verführer ist, dann käme unser Glaube auf Abwege und die Anschlussbitte, die nach Erlösung, würde leer.

Gott testet uns nicht, er macht keine Deals mit niemandem um heraus zu finden, wie fromm wir sind. Es ist nicht unsere Glaubens-Aufgabe, Gott unseren Glauben zu beweisen. Versuchungen gibt es. Reichlich. Aber die sind kein Test, sondern Ausweis unserer Freiheit, einer Freiheit die Gott uns geschenkt hat. Insofern hat es sehr viel Sinn, die Versuchungs-Bitte auszusprechen.

Dein Reich, dein Wille

„Dein Reich komme, dein Wille geschehe“, „führe uns nicht sondern erlöse uns“, das sind Formulierungen im Grundgebet der Christen, die dieses Thema umkreisen und sich direkt an Gott wenden.

Es tut gut, um die Übersetzung des Vaterunser zu streiten. Dann kommen auch solche Dinge ins Gespräch: was erwarten wir eigentlich, das Gott tut? Und an was für einen Gott wenden wir uns eigentlich?

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Bibel, Gebet, Generalaudienz, Gott, Hiob, Papst Franziskus, Vaterunser, Versuchung21 Kommentare zu Gott legt keine Hinterhalte!

Die Versuchung des jetzt-schon-Wissens

Veröffentlicht am 16. Oktober 201811. November 2018
Studium am Morgen: Was sagen die Zeitungen? Studium am Morgen: Was sagen die Zeitungen?

Es ist mein Lieblingsthema: Wie geht weltweite Kirche und lokale Kirche in Zukunft zusammen? Wie können wir den universellen – katholischen – Charakter der Kirche vertiefen, neu entdecken, bewahren und gleichzeitig kulturelle Verschiedenheiten wertschätzen und deren Beitrag für andere Kulturen fördern?

Dass das ein nicht einfach zu lösende Aufgabe ist, wurde noch einmal sehr deutlich, als in den vergangenen Tagen die Ergebnisse der Kleingruppenarbeit zusammen getragen wurden. Das bekannte Problem: Wenn die Aussagen zu konkret sind, sind sie von ihren Umständen nicht zu lösen. Wenn sie abstrakt werden, sprechen sie kaum noch zur Wirklichkeit. Und das ist nur das induktive Vorgehen, also von Konkret zu Abstrakt. Wenn man den umgekehrten Weg geht, den deduktiven der Anwendung abstrakter Regeln auf konkrete Umstände, wird es noch schwieriger.

Studium am Morgen: Was sagen die Zeitungen?
Studium am Morgen: Was sagen die Zeitungen?

Das Ganze wird sich noch mal zuspitzen jetzt wo die dritte Phase der Synodenarbeit läuft, die Frage nach dem „was tun?“.

Wir sind uns glaube ich schnell einig, dass das Leben der weltweiten einen Kirche nicht schlicht das Ergebnis eine Forderung oder einer Vereinheitlichung sein kann. Dafür ist theologisch die Wirklichkeit zu wichtig.

Es ist auch hier mal wieder eine Frage der Haltung. Der Germanicus – die deutschsprachige Kleingruppe – hat das in ihrem Bericht zur zweiten Phase so gesagt: der Versuchung widerstehen, das wir schon alles wüssten. „Wir sind zuerst Hörende und nicht schon die Wissenden“, so heißt es in dem Text. Das ist auf die Jugend hin gesprochen, gilt aber auch für den weiteren Blick auf die katholische Welt.

 

Zuerst Hörende

 

Dass das in die Sprache von „Versuchung“ gepackt ist ist natürlich Papst Franziskus geschuldet, der sehr stark immer wieder auf solche Versuchungen hinweist.

Es ist eine wichtige Betonung. Es ist nicht „falsch“, sondern eine „Versuchung“. Damit schieben wir es aus dem Bereich der Moral in den Bereich der Unterscheidung, vom Bereich ja/nein in den dynamischen Bereich des „welchen Schritt machen wir nun“.

„Versuchung“, das ermöglicht Umkehr.

 

Beginn der Weisheit

 

Dann: „nicht schon Wissende“. Es ist weise zuzugeben, dass wir noch gar nicht die Antwort haben. Einsicht ins eigene Nichtwissen haben ja schon die alten Philosophen als Beginn der Weisheit definiert. Da stellt man sich auch nicht vielleicht unnötige Hindernisse in den Weg. Weiterlesen “Die Versuchung des jetzt-schon-Wissens”

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, RomSchlagwörter Bekehrung, Bischofssynode, Kirche, Reform, Synode, Versuchung, Weltkirche, Zukunft5 Kommentare zu Die Versuchung des jetzt-schon-Wissens

Ein Geist ohne Gott, ein Geist ohne Fleisch

Veröffentlicht am 14. Juni 201811. November 2018
Theologenstreit: Dom zu Sankt Gallen Theologenstreit: Dom zu Sankt Gallen

Christsein heute – Gedanken zu einem Papstschreiben, Teil 2

Über das Erkennen der Versuchung zur Erkenntnis des eigenen Weges kommen: eine von Papst Franziskus immer und immer wieder verwendete Methode geistlichen Wachsens und Vorangehens. Auch in Gaudete et Exsultate, dessen zweites Kapitel ich hier anschauen will.

Wer sich verläuft und rekonstruiert, wie und warum er sich verlaufen hat, der findet auch wieder zurück auf den richtigen Weg. Wer nicht weiß, wo er falsch abgebogen ist und in welche Richtung, kann auch mit der richtigen Richtung nichts anfangen, wenn ich das mal etwas grob übersetzen darf.

 

Subtile Feinde

 

Es geht dem Papst um zwei Grund-Versuchungen. Der Papst nennt sie “subtile Feinde der Heiligkeit”, aber so subtil sind die manchmal gar nicht. In der dem Papst eigenen Kombination von theologischem Sprechen und pastoraler Übersetzung in ein und demselben Satz sagt er:

“In ihnen kommt ein als katholische Wahrheit getarnter anthropozentrischer Immanentismus zum Ausdruck. Betrachten wir diese zwei Formen vermeintlicher doktrineller oder disziplinarischer Sicherheit, die Anlass gibt zu einem narzisstischen und autoritären Elitebewusstsein, wo man, anstatt die anderen zu evangelisieren, sie analysiert und bewertet und, anstatt den Zugang zur Gnade zu erleichtern, die Energien im Kontrollieren verbraucht. In beiden Fällen existiert weder für Jesus Christus noch für die Menschen ein wirkliches Interesse” (35).

Petrus und Paulus, nicht Gnostik und Pelagius: Dom zu Sankt Gallen
Petrus und Paulus, nicht Gnostik und Pelagius: Dom zu Sankt Gallen

Es geht um Pelagianiamus und Gnostizismus, bzw. um deren heutigen Erscheinungsformen.

Immer wieder nimmt der Papst Bezug auf diese beiden -ismen, die das Drama der menschlichen Freiheit umreißen. Auch die Glaubenskongregation hat sich vertiefend damit befasst. Hier im Blog bin ich deswegen auch schon einige Male auf die beiden – Pelagius und die Gnostiker, vor allem aber auf die -ismen die sich darauf gründen – zu sprechen gekommen.

 

Über die Versuchung zur Erkenntnis

 

Deswegen zeichne ich hier nicht noch einmal nach, was der Papst genau sagt, das ist auch besser direkt zu lesen. Ich möchte nur auf etwas anderes hinweisen, was mir in diesem zweiten Kapitel wichtig scheint.

In der Mitte, zwischen den beiden Versuchungen, steckt ein kleiner Abschnitt über die “Grenzen der Vernunft”. Es geht um die Art und Weise, auf die Wahrheit zu reagieren. Da es uns nicht gelingt, sie so auszudrücken, wie wir sie vom Herrn empfangen haben – unserer menschlichen Begrenztheit wegen und weil Gott immer größer ist als alles, was wir ausdrücken können – müssen wir mit dieser Begrenztheit umgehen. Weiterlesen “Ein Geist ohne Gott, ein Geist ohne Fleisch”

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Christsein, Gaudete et Exsultate, Gesetz, Gnostizismus, Papst Franziskus, Pelagianismus, Vernunft, Versuchung13 Kommentare zu Ein Geist ohne Gott, ein Geist ohne Fleisch

Und im Zentrum der Erlöser

Veröffentlicht am 1. März 201810. Januar 2020
Kreuz auf der Halde: die Moderne und der Glaube Kreuz auf der Halde: die Moderne und der Glaube

„Das wahre Heil des Menschen besteht nicht in Dingen, die er von sich aus erlangen könnte”: Es muss mal wieder gesagt werden. An diesem Donnerstag hat der Vatikan einen Brief veröffentlicht, der von der Glaubenskongregation an alle Bischöfe der Welt geschickt wird, approbiert vom Papst. Und mir scheint dieser Satz (Nr. 6) das Zentrum des Textes zu sein.

Kreuz auf der Halde: die Moderne und der Glaube
Kreuz auf der Halde: die Moderne und der Glaube

Sollte uns das überraschen? Ist das was Neues? Nein, ist es nicht. Aber im Licht all dessen, was Papst Franziskus in den nun fünf Jahren seines Pontifikates immer wieder predigt und lehrt, ist es gut, das einmal systematisiert zu lesen. Und genau das tut der Text.

Der Text buchstabiert zwei Tendenzen des modernen Menschen durch, zwei Moden oder Versuchungen, ganz wie man will, die auch immer wieder vom Papst zitiert werden. Auch das ist so neu nicht, hier im Blog habe ich das auch schon einmal besprochen, ist noch gar nicht so lange her. Es geht um die neo-ismen, den neo-Pelagianismus und den neo-Gnostizismus.

 

Individualismus und Moderne

 

Ein Verständnis von Erlösung, das auf dem Einzelnen fußt, auf seinen Kräften und seinem Tun, bleibt individualistisch: das ist der neo-Pelagianismus. Ein Verständnis von Erlösung, das innerlich bleibt, verpasst die Ganzheit des Menschen, die Körperlichkeit, das Geschaffenensein als Mensch in der Welt: das ist der neo-Gnostizismus. Beides – Individualismus und reine Innerlichkeit – führen an Christus vorbei.

Der Text weist darauf hin, dass es hier nicht um alte und antike Häresien geht, die wieder aufgekocht werden, sondern um moderne Tendenzen, die an die alten Versuchungen und Irrwege erinnern. Und so liest der Text die Moderne sozusagen durch diese Brille, er wendet unser Verständnis von Erlösung auf die Umstände und Denkweisen heute an.

Weiterlesen “Und im Zentrum der Erlöser”

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und MedienSchlagwörter Erlösung, Glaubenskongregation, Individualismus, Jesus, Kirche, Lehre, Moderne, Versuchung4 Kommentare zu Und im Zentrum der Erlöser

Doing the right thing for the wrong reasons

Veröffentlicht am 4. Juni 201631. Mai 2016

„Eine Versuchung kann sich durchaus auch auf eine Wahrheit gründen“: Es ist ein Satz aus einer Fußnote, leicht zu übersehen, aber er hat es in sich. Zu einem Beitrag neulich hat ein Kommentar diese Fußnote zitiert, und das will ich als Gelegenheit nicht verstreichen lassen. Danke also an den Kommentator.

Der Satz stammt von Jorge Mario Bergoglio aus dem Buch „Über die Selbstanklage“. Und in der Fußnote geht es darum, dass eine Versuchung daraus entstehen kann, dass eine Wahrheit aus einer falschen Gesinnung heraus gelebt wird.

Das Beispiel, das der heutige Papst wählt, entnimmt er dem Tagebuch des von ihm verehrten und heilig gesprochenen Jesuiten Peter Faber. Der spricht über Kirchenreform – damals im Zeitalter der Reformation ein drängendes Thema – und davon, dass „Unser Herr es wohl nicht liebt, wenn diese oder jene Reform in der Kirche auf Begehren der Irrlehrer vorgenommen wird.“ Subtrahiert man die theologische Sprache jener Zeit, bleibt die Überzeugung, dass auch das Gute – die Reform – nicht vom Schlechten – der Irrlehre – gewollt werden darf, sonst wird auch das Gute schlecht.

Wenn man sich auf die Suche nach Aussagen zum Verhältnis von ‚Gutes Tun’ und der Motivation dahinter macht, findet man alles Mögliche. Das Verhältnis von ‚richtig’ und ‚falsch’ in der Motivation auf der einen Seite und ‚richtig’ und ‚falsch’ im Tun auf der anderen ist komplex.

Für geistliche Lehrer war dieses Verhältnis immer schon ein wichtiges Thema. Dahinter steht die erst einmal schlichte Einsicht, dass nicht aus der Richtigkeit einer Tat die Güte der Motivation geschlossen werden kann.

In der Welt des Politischen nennt man das „doing the right thing for the wrong reason“, man will also etwas erreichen, aber der Grund dafür verdirbt das Ganze dann.

Verwandt damit ist eine geistliche Einsicht, wie wir sie bei Ignatius von Loyola und aus seinem Exerzitienbuch kennen. Dort heißt sie „Versuchung unter dem Anschein des Guten“: Etwas Gutes wird mir vor Augen gestellt, aber dahinter verbirgt sich in Wirklichkeit eine Versuchung. Ein klassischer Fall aus der Geschichte des Ordens ist das Gebet: Die ersten Generationen von Jesuiten vor allem in Spanien wollten mehr beten und feste Gebetszeit, und wer kann schon was gegen das Beten haben? Aber Ignatius hat das als Versuchung erkannt und geantwortet, dass das nicht die Aufgabe sei, erst einmal sei Studieren, dann die Arbeit dran. Gebet muss sein, aber das darf die anderen Weisen, Gott zu dienen, nicht verdrängen.

 

Doch nur gut gemeint

 

Umgekehrt wird daraus das Prinzip „ich habe es doch nur gut gemeint“. Man wollte etwas Gutes, hat das aber nicht geschafft sondern das Schlechte oder etwas in der Art. Es gibt also eine Trennung zwischen dem, was ich wirklich tue, und der dahinter liegenden Haltung oder konkreten Motivation. Beides ist getrennt anzusehen, es reicht offensichtlich nicht, nur gut zu wollen oder das richtige zu tun, der jeweils andere Aspekt gehört auch dazu.

Das entscheidende Wort ist dabei das Wort „Versuchung“, das der Papst in der Fußnote ja auch verwendet. Ich muss „unterscheiden“, um ein anderes klassisches Wort aus der Spiritualität zu benutzen, das gerade wieder neu Aktualität erlangt. Also: ich muss mir genau ansehen, was etwas ist und wohin es führt, um bewerten zu können, ob es gut oder schlecht oder zu lassen oder so ist.

Merke: Nur weil jemand Glaubensvollzüge in richtiger Reihenfolge machen oder Glaubenssätze ohne Fehler aufsagen kann, sagt das noch nichts über die Intention. Und nur gut wollen reicht auch nicht, man muss auch die konkrete Umsetzung einschätzen können. Noch nicht einmal das Reklamieren des Wortes “Wahrheit” ist dagegen ein Schutz.

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Handlung, Papst Franziskus, Spiritualität, Versuchung22 Kommentare zu Doing the right thing for the wrong reasons

Erstarrung, Gutmenschentum, Weltlichkeit

Veröffentlicht am 3. Oktober 20153. Oktober 2015

Es waren beim Abschluss der vergangenen Bischofssynoden nicht die fünfzehn „Krankheiten“, die der Papst der Kurie als Gewissenserforschung vor dem vergangenen Weihnachtsfest vorgelegt hatte. Aber dass er Versuchungen aufzählt, ist nicht neu. Auch in Evangelii Gaudium finden sich reichlich davon. Es sind Fallen, aus denen wir nur dann heraus kommen, wenn wir sie als solche erkennen. Weil sie aber bequem sind und uns eine Identität oder eine Haltung verschaffen, wollen wir das meistens gar nicht, das macht daraus erst wirklich eine Falle. Und die zählt der Papst immer wieder mit großer Freude auf.

Teilnehmer der Bischofssynode morgens auf dem Weg in die Arbeitsgruppen
Schnappschuss: Morgens in der Bischofssynode, vor der Gruppenarbeit

Keine Überraschung war es also, als der Papst in der Rückbetrachtung zur Bischofssynode ebenfalls solche Versuchungen vorlegte. Es waren Versuchungen, die er bei den Beratungen beobachtet hatte und die er in Reflexion vorlegte. Und damit das alles nicht im Aktenordner abgeheftet bleibt, möchte ich sie vor Beginn der neuen Versammlung jetzt ab Sonntag noch einmal vorlegen.

 

„Weil es [die Beratungen der Synode] ein Weg von Menschen war gab es auch Momente des Mistrostes, der Spannung und der Versuchung, von denen man vielleicht die Folgenden nennen könnte.

– Die Versuchung der feindlichen Erstarrung: Das ist der Wunsch, sich im Geschriebenen einzuschließen und sich nicht von Gott überraschen lassen wollen, vom Gott der Überraschungen, dem Geist. Im Gesetz einschließen, in der Sicherheit dessen, was wir wissen und nicht dessen, was wir noch lernen und erreichen müssen. Das ist die Versuchung der Eifrigen, der Skrupulösen, der sogenannten „Traditionalisten” und auch der Intellektualisten.

– Die Versuchung des zerstörerischen Gutmenschentums, das im Namen einer falschen Barmherzigkeit die Wunden verbindet, ohne sie zuvor zu behandeln; dabei handelt es sich um ein Symptom, nicht um Gründe oder Wurzeln. Es ist die Versuchung der „Gutmenschen“, der Ängstlichen und auch der so genannten „Progessiven und Liberalen”.

– Die Versuchung, Steine in Brot zu verwandeln um ein langes, schweres und schmerzhaftes Fasten zu beenden (Lk 4:1-4). Eine weitere Versuchung: Brot in Steine zu verwandeln und sie auf die Sünder zu werfen, die Schwachen und die Kranken (Joh 8:7) und ihnen so unerträgliche Lasten aufzubinden (Lk 11:46).

– Die Versuchung, vom Kreuz herunter zu steigen, um den Menschen zu gefallen, und nicht dort zu bleiben um den Willen des Vaters zu erfüllen; sich vor dem Geist der Weltlichkeit zu verbeugen anstatt sich zu reinigen und vor dem Geist Gottes zu verneigen.

– Die Versuchung, das „depositum fidei” zu vernachlässigen und sich selber nicht als Hüter, sondern als Besitzer und Herren zu verstehen oder andererseits die Versuchung, die Realität zu vernachlässigen und eine einengende Sprache zu benutzen und so zu sprechen, dass man viel redet und nichts sagt!

Liebe Schwestern und Brüder, diese Versuchungen dürfen uns nicht erschrecken, nicht befremden, aber auch nicht entmutigen, denn kein Knecht ist größer als sein Herr; wenn also Jesus versucht worden ist und sogar selbst Beelzebub genannt wurde (Mt 12:24), dann dürfen seine Jünger keine andere Behandlung erwarten.“

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, VatikanSchlagwörter Ansprache, Bischofssynode, Ehe, Familie, Franziskus, Papst, Reflexion, Versuchung7 Kommentare zu Erstarrung, Gutmenschentum, Weltlichkeit

Heute, nicht vor zwei Jahren

Veröffentlicht am 28. Januar 201223. September 2012

Es ist ein großer Schatten, den wir gerne in die Vergangenheit entschwinden sehen würden: Die Missbräuche in der Kirche und der Umgang mit ihnen, das wegsehende Schweigen. Vor genau zwei Jahren gab es die ersten Berichte über das Canisius-Kolleg in Berlin, zwei Tage später die erste Pressekonferenz. Österreich war Deutschland schon weit voraus, sah dann aber erneut eine Welle von Aufklärung.

Es ist aber nicht Vergangenheit, es ist Heute, Gegenwart, denn das Damals bestimmt das Heute. Und zwar nicht nur, was den Einbruch des Vertrauens in die Kirche angeht, das auch, aber das ist gar nicht einmal das Wichtigste.

Es hat mit Gewalt und Macht zu tun, mit Struktur und unserem Umgang mit Opfern. Es hat mit dem zu tun, was die Bibel ‚Blindheit’ nennt, den ‚gehaltenen Augen’, wie die Formulierung der Schrift häufig lautet. Es hat damit zu tun, dass wir neu lernen müssen, was denn das ist, was die Augen hält. Es hat damit zu tun, dass wir Christen die richtige Seite wählen müssen, wenn es um Missbrauch geht, gleich welcher Sorte. Es geht darum, dass wir Versuchung als Versuchung erkennen müssen. Dass wir mit dem Schmerz und der Erschütterung umgehen lernen müssen. Und damit, dass wir uns dem stellen, wie wir das Wort Gottes verbreiten.

Es wäre zu einfach, nur an den Tag zu erinnern. Es geht um das Heute.

Ein RadioVatikan Beitrag: Pater Klaus Mertes SJ im Interview, zwei Jahre danach:

http://212.77.9.15/audiomp3/00299104

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige KircheSchlagwörter Aufklärung, Bischof Ackermann, Blindheit, Canisius Kolleg, Ettal, Gewalt, Hotline, Kirche, Missbrauch, Versuchung4 Kommentare zu Heute, nicht vor zwei Jahren

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