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Schlagwort: Werte

Ein Blick vom Ende der Welt – Europa und der Papst

Veröffentlicht am 24. November 201623. November 2016

Vortrag vor der Kommende in Dortmund, 23. November

Angela Merkel war erbost. So erbost sogar, dass sie zum Telefonhörer griff, um Papst Franziskus anzurufen. Im November 2014 war das, nach der Rede des Papstes vor dem Europaparlament. Ob es wahr sei, dass er – der Papst – Europa mit einer „unfruchtbaren Frau“ verglichen habe. Der Papst habe sie dann beruhigt. Europa habe immer noch tiefe Wurzeln, in den dunkelsten Momenten habe Europa immer noch ungeahnte Ressourcen gezeigt.

Als Journalist muss ich meinen Beitrag heute Abend einfach mit dieser kleinen Episode aus dem Leben des Papstes beginnen. Einen kleinen Fehler hat diese Episode allerdings, sie ist schlicht erfunden. Nicht wahr. Hat nie stattgefunden. Leider sind in italienischen Medien die Grenzen zwischen Belletristik und Berichterstattung manchmal fließend, selbst in der selbsterklärten Spitze des Qualitätsjournalismus, im Corriere della Sera. Und leider leiden einige deutsche Kolleginnen und Kollegen darunter, zu schnell zu glauben, was andere Journalisten schreiben.

Der Papst und Europa: Besuch in Straßburg
Der Papst und Europa: Besuch in Straßburg
Aber es gilt ja auch das Sprichwort „si non è vero, e ben trovato“, wenn es auch nicht wahr ist, so ist es doch treffend erfunden. Was da Frau Merkel in den Mund gelegt wurde, ist etwas, was als Einwand nicht von der Hand zu weisen ist. Und so fand sich die Bemerkung von der „unfruchtbaren Frau“ in vielen Überschriften, zum Glück nicht bei Radio Vatikan. Wir haben mit dem Thema des Papstes getitelt: „Das europäische Projekt darf nicht scheitern“.

Dieses kleine Schattenboxen zu Beginn zeigt schon, wie komplex das wird, sich darüber zu unterhalten, was der Papst von Europa hält, will, erwartet. Wie übrigens bei anderen Themen auch, seine manchmal für europäische Ohren blumige Metaphorik schafft es in die Überschriften – samt erfundener Episoden – das was dahinter steht ist dann schon schwieriger zu umreißen.

 

„Das europäische Projekt darf nicht scheitern“

 

An dieser Stelle möchte ich das einmal etwas überblickshaft anschauen. Dazu darf ich Ihnen erst einmal ein Raster anbieten. Beginnen möchte ich mit den Klassikern, den Europa-Reden des Papstes, zwei in Straßburg und eine in Rom anlässlich der Entgegennahme des Karlspreises. Dann möchte ich zweitens über den politischen Papst Franziskus sprechen. Drittens soll es dann um das Ende der Welt gehen.

Der Papst beginnt seinen Blick auf Europa mit der Feststellung einer Wahrnehmung: „Einer ausgedehnteren, einflussreicheren Union scheint sich jedoch das Bild eines etwas gealterten und erdrückten Europas zuzugesellen, das dazu neigt, sich in einem Kontext, der es oft nüchtern, misstrauisch und manchmal sogar argwöhnisch betrachtet, weniger als Protagonist zu fühlen“. Er spricht über die Union, weil der Adressat das Europaparlament der EU ist. Diese Verunsicherung überträgt sich auch auf die Menschen, sie ist nicht nur abstrakt: „Eine der Krankheiten, die ich heute in Europa am meisten verbreitet sehe, ist die besondere Einsamkeit dessen, der keine Bindungen hat. Das wird speziell sichtbar bei den alten Menschen, die oft ihrem Schicksal überlassen sind, wie auch bei den Jugendlichen, die keine Bezugspunkte und keine Zukunfts-Chancen haben; es wird sichtbar bei den vielen Armen, die unsere Städte bevölkern; es wird sichtbar in dem verlorenen Blick der Migranten, die hierher gekommen sind, auf der Suche nach einer besseren Zukunft“.

Die EU hält sich also zurück. Sie ist verunsichert, wer oder was sie sein soll. Und die Menschen spüren das, vor allem die Schwachen.

 

Auf der Suche nach Zukunft

 

Dann folgt in der ersten Rede das Hohelied auf die Förderung und den Schutz der Würde des Menschen, einer Antriebsfeder aller europäischen Zusammenarbeit und Identität. Und dann weiter, zurück zur Diagnose: „unhaltbarer Überfluss“, der „den Nächsten gegenüber gleichgültig ist“, Steigerung des Misstrauens der Bürger in die Institutionen Europas, und die Betrachtung des Menschen als Teil einer Wohlstands-Maschine: „Der Mensch ist in Gefahr, zu einem bloßen Räderwerk in einem Mechanismus herabgewürdigt zu werden, der ihn nach dem Maß eines zu gebrauchenden Konsumgutes behandelt, so dass er – wie wir leider oft beobachten – wenn das Leben diesem Mechanismus nicht mehr zweckdienlich ist, ohne viel Bedenken ausgesondert wird“. Mir selber – wenn ich diese persönliche Bemerkung einfließen lassen darf – ist das in den 90er Jahren aufgefallen, als man in der Politik gar nicht mehr über Deutschland sprach, sondern fast nur noch über den ‚Wirtschaftsstandort Deutschland‘. Eine tief gehende Entmenschlichung, deren Gift wir auf den Plätzen Dresdens und anderswo Wirkung zeigen sehen. Weiterlesen „Ein Blick vom Ende der Welt – Europa und der Papst“

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und VernunftSchlagwörter Europa, Papst Franziskus, Peripherie, Weltsozialbewegungen, Werte, Wirtschaftsordnung30 Kommentare zu Ein Blick vom Ende der Welt – Europa und der Papst

Lasst uns reden!

Veröffentlicht am 3. Januar 20153. Januar 2015

Noch einmal Pegida. Ich halte das ganze für hinreichend gefährlich, um es nicht am Rande liegen zu lassen. Es betrifft Politik und Parteien, es betrifft Medien und öffentliche Debatten, es betrifft das Internet, es geht um Wut und Protest und Angst und Information. Seit Wochen steht die Republik recht klar und deutlich gegen Pegida, Pegida aber wächst und wächst. Die neue Rechte wird beschworen, AfD und Rechtsradikale nachgewiesen und so weiter. Aber irgendwie dreht sich das im Kreis.

Und plötzlich gab es ein neues Argument. Das begann damit, dass eine Stiftung ausrechnete, dass Einwanderer unterm Strich mehr einbringen als kosten. Dann ging es damit weiter, dass das bestritten wurde, und an der Stelle wurde es für mich interessant.

Hans-Werner Sinn ist Wirtschaftswissenschaftler und sagt in einem Artikel zu Beginn der Woche, dass wie gesagt Einwanderung – anders als von anderen vorgerechnet – Geld kostet. Trotzdem brauchen wir Einwanderung, und die nicht zu knapp. Ich zitiere wie die FAZ ihn zitiert: „Wollte man die Relation von Alten und Jungen und damit zugleich das relative Rentenniveau und die Beitragssätze zur Rentenversicherung auf dem heutigen Niveau stabilisieren, würden insgesamt 32 Millionen junge Zuwanderer benötigt, die meisten davon wohl aus außereuropäischen Gebieten“. In Worten: zweiunddreißig Millionen Einwanderer, damit es uns Morgen so gut geht wie heute.

Die Debatte (oder hier) geht nun in die Richtung, ob die Zahlen stimmen und was man alles einrechnen muss, darf und soll, was alles richtig und wichtig ist, die Aussage zur Notwendigkeit von Einwanderern aber nicht abschwächt. Und selbst wenn das Wirtschaftswachstum blühen würde, die Steuereinnahmen steigen und die Abgaben auch und deswegen die Zahl der benötigten Steuerzahler nicht so hoch läge, sagen wir konservativ bei der Hälfte, wären das immer noch 16 Mio Einwanderer.

 

32 Millionen Einwanderer

 

Umkehrschluss: Wenn wir keine Einwanderung von jungen Menschen bekommen, dann lassen sich das Rentenniveau und die Beitragssätze zur Rentenversicherung nicht auf heutigem Niveau stabilisieren. Die Demos in zwanzig Jahren möchte ich sehen, wenn kein Geld mehr da ist, die Rente zu zahlen, wenn all diejenigen, die jetzt Mitte 50 sind eine wertlose Rente bekommen, weil niemand mehr da ist, der das zahlt. Wir haben hier in der Redaktion immer Praktikanten und aus vielen Gesprächen genau darüber weiß ich, dass die nachfolgende Generation nicht gerade davon begeistert ist, die Rechnung zahlen zu müssen. Die wollen auch was vom Leben haben. Weiterlesen „Lasst uns reden!“

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und GerechtigkeitSchlagwörter Demokratie, Deutschland, Einwanderer, Gesellschaft, Pegida, Protest, Werte78 Kommentare zu Lasst uns reden!

Glaube à la Pegida

Veröffentlicht am 1. Januar 201531. Dezember 2014

Die Kirche verrät den Glauben, wenn sie sich gegen Pegida richtet. Klingt das vertraut? Mir jedenfalls sehr, denn wir bekommen hier dauernd solche eMails, offenen Briefe und dergleichen in die Redaktion. Bei Facebook hört sich das dann unschöner an, da wird gleich beschimpft, aber der Tenor ist derselbe: Gegen die selbsterklärten Gegner der Islamisierung zu sein, sei ein Verrat am Glauben. Die letzte der vielen eMails: Das Ausschalten der Dombeleuchtung in Köln knipse der abendländischen Kultur das Licht aus.

Spätestens jetzt klingt das Argument vertraut. Selbsterklärte Verteidiger des Abendlandes sehen überall Feinde. Wer nicht für uns ist und wagt, eine eigene Meinung zu haben, ist gegen uns.

Aus der Angst der Pegida-Mitläufer heraus ist das vielleicht nachvollziehbar, man muss aber schon einen schweren Denkfehler machen, um das so aussprechen zu können. Nämlich den: Das, wofür Pegida steht, ist mit christlichem Glauben vereinbar. Ist es aber nicht.

Ein auch nur oberflächliches Blättern in den Evangelien zeigt einen Jesus, der anders mit Menschen umgeht, als das die Slogans in Dresden und anderswo tun. Das Christentum, was bei den Demos herbeibehauptet wird, ist eines in der Defensive, in Gefahr. Man darf aber nicht den Fehler machen, den Glauben für die Rechtfertigung eigener Ängste heran zu ziehen. Die Kirche hat das selber lange Zeit gemacht, das sind nicht wirklich schöne Kapitel in der Geschichte. Deswegen jetzt auch der gute Rat: Tut das nicht!

Ein Christentum, das deckungsgleich ist mit einer bestimmten europäischen kleinbürgerlichen Kultur, ist kein Christentum. Ein Christentum, das gegen einen Feind in Stellung gebracht wird, den es so gar nicht gibt, ist kein Christentum.

Die Kritiker haben insofern recht, als auch das Gegenteil nicht gilt: Ein Christentum, dass dem Wohlfühl-Diskurs in Deutschland dient, ist kein Christentum, richtig. Nur wenn der Glaube etwas mit Jesus Christus und seiner Botschaft zu tun hat, dann ist er wirklich christlicher Glaube.

Das Absingen von ehemalig christlichen Weihnachtsliedern in Dresden erfüllt diesen Tatbestand aber noch nicht.

Wenn also der Kölner Dom es der Dresdener Oper gleich macht und seine Beleuchtung ausschaltet, um nicht als Kulisse für die Demos missbraucht werden zu können, dann kann man nur sagen: Bravo!

 

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, VatikanSchlagwörter Demokratie, Deutschland, Einwanderer, Gesellschaft, Pegida, Protest, Werte106 Kommentare zu Glaube à la Pegida

Protagonisten des Glaubens

Veröffentlicht am 28. November 2014

Benedikt minus Ephesus: So hat ein Kollege die Reise von Papst Franziskus in die Türkei genannt. Und tatsächlich, das Programm ist dasselbe, mit der Ausnahme des Abstechers nach Ephesus, den macht der Papst in diesem Jahr nicht.

Mir fiel das auf, weil im Nachklapp zur Straßburg Reise einige Kommentatoren angemerkt haben, dass die beiden Päpste – Benedikt und Franziskus – anders behandelt werden, obwohl sie Ähnliches sagen. Der Kollege John Allen bemerkt sogar, dass dieselbe Rede, gehalten von Benedikt XVI., Überschriften wie „Papst wirft Europa Wertelosigkeit vor“ verursacht hätte.

Nun hat das weniger mit den Medien als mehr mit der Art und Weise zu kommunizieren zu tun, meine ich. Franziskus zum Beispiel sind die Ränder, die Armen, die Marginalisierten ein Anliegen. Sie müssen ins Zentrum des Denkens über die Menschheit, wenn ich das einmal ganz abstrakt ausdrücken darf. Erst gestern, bei einer Ansprache zum Thema Großstadtpastoral, schloss er seine Gedanken mit der Bemerkung, die Armen müssten „Protagonisten“ – noch so ein Franziskus-Lieblingswort – des Handelns der Kirche werden, Subjekte, nicht Objekte.

Bei so viel authentischer Betonung klingt dann auch in einer Rede ganz anderes an, obwohl die Worte ähnlich sind. Papst Benedikt war der Zusammenklang von Vernunft und Glaube ein Leib-und-Magen Thema. Und genau das wurde dann auch immer berichtet. Dass er etwa im deutschen Bundestag das „hörende Herz“ des Salomo als Vorbild für Politiker nannte, kam in den Berichten dann kaum vor, obwohl es nicht weit weg ist von der Art und Weise, wie Franziskus Politik sieht.

Warum ich dies schreibe? Nicht um die Päpste zu vergleichen. Mir geht es hier um das, was in der christlichen Sprache ‚Zeugnis ablegen’ genannt wird. Also: Einstehen für das, was man glaubt, sichtbar machen, was man glaubt.

Dann – siehe Franziskus – sehen auch die anderen, wofür man steht. Selbst wir Journalisten.

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Papstreise, Rom, Sprechen von Gott, VatikanSchlagwörter Armen, Benedikt, Europa, Franziskus, Glaube, Papst, Peripherie, Vergleich, Werte, Zeugnis3 Kommentare zu Protagonisten des Glaubens

Popart?

Veröffentlicht am 30. Januar 201429. Januar 2014

SuperpapstEs kommt darauf an, was auf der Tasche steht. Ein italienischer Künstler hat bei uns um die Ecke ein Graffiti an die Wand gebracht – geklebt, nicht gesprüht, es musste ja schnell gehen – und damit schmunzelnd den Eindruck vieler Menschen ausgedrückt. Aber wie gesagt, auf die Tasche kommt es an.

„Valores“ steht da drauf, spanisch für „Werte“. Der Papst kommt nicht einfach so, er hat etwas dabei. Und manchmal werde ich den Eindruck nicht los, dass zu viel auf die gereckte Faust geschaut wird, zu viel auf die eigenen Erwartungen, und zu wenig auf das, was in der Tasche steckt.

Wenn in einer großen deutschen Zeitung oder in online-Magazinen in der Berichterstattung über den anstehenden Rücklauf der Fragebögen berichtet wird, dann heißt es oft, dass sich viele Menschen wünschen, dass der Wertekatalog der Kirche, das Sprechen von Sünde und von Regeln, sich ändern möge.

Einige vielleicht, damit sie unbeunruhigt weiter leben können. Andere, weil sie verletzt sind. Andere, weil sie eine lange Geschichte hinter sich haben und zu lange schon in einem Dilemma stehen. Es gibt viele Gründe, gute Gründe, aber auch leichte Gründe. So ganz einfach kann man die nicht zusammen fassen.

 

Der Inhalt der Tasche

 

Aber alle diese Gründe treffen jetzt auf den Inhalt der Tasche, wenn ich das einmal so ausdrücken darf. Die Werte, für die der Papst steht und die er vertritt, darf man über die Art des Sprechens nicht vergessen. Barmherzigkeit ist ein solcher Wert, aber der fordert heraus. Da geht es nicht nur um Sexualmoral, sondern auch um das Aufnehmen von Flüchtlingen in unserer Nachbarschaft, um Freizügigkeit, um Sinti und Roma, um arme Menschen. „Diese Wirtschaft tötet“ hat bei uns viel Wirbel gemacht, sind wir uns bewusst, dass wir Westler die Profiteure dieser Wirtschaft sind? All das steckt eben auch in der Tasche.

Wenn ich mir den Papst so ansehe, dann ist das eben keine Popart, dann hat das Tiefe. Eine andere Pop-Zeichnung liefert die Zeitschrift Rolling Stone. Nicht wirklich für kirchliche Berichterstattung bekannt bringt sie einen unglaublich oberflächlichen Artikel über Wandel – schlechter Benedikt, guter Franziskus – ins Blatt.

Mein Instinkt ist, zum Bremsen zu raten. All der Übermut, all die Pop-Referenzen werden sich abnutzen oder ablaufen. Bei diesem Papst ist mehr zu holen als die Aufregungen unseres Pop-Zeitalters, als das Star-Sein, das Kommunikations-Genie des Papstes.

Mich interessiert da der Inhalt der Tasche viel mehr der vorüberziehende Konsum-Jubel.

Kategorien Allgemein, Franziskus, Kirche und Medien, Kunst, Kultur und Können, Neulich im Internet, RomSchlagwörter Franziskus, Graffiti, Inhalt, Konsum, Pop, Regeln, Rolling Stone, Sünde, Tasche, Werte25 Kommentare zu Popart?

Amsterdamer Pranger

Veröffentlicht am 2. Januar 2013

Kennen Sie das Buch „Katholiken“ von Brian Moore? Oder den danach gedrehten Film mit Martin Sheen? Es ist in den 70er Jahren geschrieben und spielt ein Gedankenexperiment durch: Die damals als „Liberale“ bezeichneten haben in der Kirche das Ruder übernommen und gebärden sich genauso rigide und unterdrückerisch, wie sie es davor den so genannten „Konservativen“ vorgeworfen hatten.

Aber es soll bei diesem Blogeintrag gar nicht um die Kirche gehen, sondern nur um die Perspektive des umgedrehten Machtspiels. Mir ist das Experiment Moores eingefallen, als ich im Spiegel die Meldung vom Amsterdamer Pranger gelesen habe. Nachgeschaut habe ich dann auch im Algemeen Dagblad und in anderen Medien.

Es geht darum, dass „Alltagsterroristen“ aus dem normalen Leben einer Stadt herausgenommen und – zeitweise – in kleine Wohnsiedlungen am Rande der Stadt umgesiedelt werden sollen. Es geht nicht um Verlagerung im großen Stil, aber um Trennung. Und die Idee dahinter klingt auch plausibel: Nicht die Opfer von Mobbing, Fremdenfeindlichkeit und Homophobie sollen die Folgen von Übergriffen tragen, indem sie vielleicht aus ihrem Stadtviertel wegziehen müssen, sondern die Störer. Sehr gerecht.

Los geht es in Amsterdam Anfang diesen Jahres. Unliebsame oder störende Nachbarn können auf speziellen Webseiten gemeldet werden. Diese Fälle werden gesammelt und später ausgewertet. Während die Störenfriede dann in Containern wohnen müssen, sollen sie dort polizeilich kontrolliert werden.

Warum mich das an das Gedankenexperiment Moores erinnert? Weil es um mehr geht als nur den Schutz der Opfer von Alltagsterror und allerlei Feindseligkeiten. Es geht um Werte. Der Bürgermeister von Amsterdam, Eberhard van der Laan, spricht von den liberalen Werten der Stadt, die es zu verteidigen gelte.

Ich übersetze: Liberalität bedeutet hier Toleranz und Weite. Und es bedeutet auch, nicht gleich zu Gegengewalt greifen zu wollen, wenn irgend jemand übergriffig stört oder Schlimmeres; damit will man die Gewaltspirale vermeiden, aus der man nicht mehr heraus käme: Mehr Kameras, mehr Polizisten, mehr Kontrolle.

Aber mir drängt sich auch eine andere Übersetzung auf: Weil Amsterdam liberale Werte verteidigen will, gehen genau eben diese liberalen Werte über Bord. Es riecht ein wenig nach Segregation. Kein Wunder, dass sich die sozialdemokratische Stadtregierung plötzlich im selben Boot befindet wie Rechtspopulist Geert Wilders.

Wie gesagt, die Schwachen sollen verteidigt werden und die Täter nicht den Nutzen der Liberalität für sich in Anspruch nehmen können. Das ist löblich. Aber ein mulmiges Gefühl bleibt mir da: Wo endet das? Und: Wer entscheidet, wo es endet?

Kategorien Allgemein, Neulich im InternetSchlagwörter Amsterdam, Gewalt, liberal, Pranger, Schutz, Staat, Werte2 Kommentare zu Amsterdamer Pranger

Katholisch Wählen gehen?

Veröffentlicht am 10. September 20129. September 2012

Xaphod Beeblebrox war für kurze Zeit der Präsident des Universums. Zumindest in der Romanserie Douglas Adams, The Hitchhikers Guide to the Galaxy. Ein Lektüre-Muss.

Die Aufgabe dieses Präsidenten ist es, Aufmerksamkeit zu erregen und damit den wirklichen Politikmachern im Hintergrund freie Bahn zu geben. Ich verkürze stark, aber genau darauf läuft seine Arbeitsbeschreibung hinaus. Und manchmal fühle ich mich an Xaphod erinnert, wenn ich die us-amerikanische Politik betrachte, vor allem während der Wahlkampfzeiten. Und wann ist in den USA kein Wahlkampf?

Immerhin hat der US-Präsident wirkliche Vollmacht und entscheidet. Aber nach draußen scheint es mir so – zugegeben aus der Ferne – dass alle Signale auf Beliebtheit gestellt werden.

Beide Kandidaten für das große Rennen im November, wenn der neue Präsident gewählt wird, haben ihre eigenen Katholiken-Fischer-Gremien aufgebaut. ‚Catholics vor Romney’ wurde dicht gefolgt von ‚Catholics for Obama’. Weiterlesen „Katholisch Wählen gehen?“

Kategorien AllgemeinSchlagwörter Armut, Glauben, Katholiken, Latinos, Moral, Obama, Religion, Romney, USA, Wahlkampf, Werte3 Kommentare zu Katholisch Wählen gehen?

Auf Kuba gelandet

Veröffentlicht am 26. März 201226. März 2012

In Santiago gelandet, galten die ersten Worte Benedikt XVI. seinem Vorgänger Johannes Paul II. und dessen Besuch auf Kuba vor 14 Jahren. „In der Tat war seine Reise über die Insel wie eine angenehme Brise frischer Luft, die der Kirche in Kuba neue Kraft gegeben hat (…). Gleichzeitig hat sie die Hoffnung entzündet und das Verlangen geweckt, mutig für eine bessere Zukunft zu arbeiten.“ Eine Entwicklung, die auf diesen Besuch zurückgehe, sei die Verbesserung der Beziehungen zwischen Kirche und Staat gewesen. Dann richtet sich der Blick des Papstes aber auch auf das Morgen, der „Pilger der Nächstenliebe“, als der er gekommen sei, wolle an die Entwicklung des Landes hin begleiten.

Echter Fortschritt, der die Krise der Werte überwinde, brauche eine Ethik, die sich auf die Würde des Menschen beziehe. Dazu gehöre auch die geistliche und die religiöse Dimension.

 

„Liebe Freunde, ich bin überzeugt, dass Kuba in diesem so wichtigen Augenblick seiner Geschichte schon auf das Morgen schaut und sich daher bemüht, seine Horizonte zu erneuern und zu weiten; dazu trägt das große Erbe an geistigen und moralischen Werten bei, die seine wahre Identität geformt haben und die sich im Werk und Leben vieler berühmter Söhne des Landes eingeprägt finden, wie des seligen José Olallo y Valdés, des Dieners Gottes Félix Varela oder des prominenten José Martí. Die Kirche ihrerseits konnte durch ihre großzügige und hingebungsvolle Seelsorge sehr zur Förderung solcher Werte beitragen und bekräftigt ihre Absicht, weiter rastlos zu arbeiten, um allen Kubanern besser zu dienen.“

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Glaube und Gerechtigkeit, PapstreiseSchlagwörter Benedikt XVI., Krise, Kuba, Nächstenliebe, Papstreise, Raul Castro, Werte, Willkommen1 Kommentar zu Auf Kuba gelandet

Integrationsdebatte und Religion: Mehr Christentum, bitte!

Veröffentlicht am 15. Februar 201215. Februar 2012

Der Vatikan ist nun wirklich kein Ort, an dem es zu wenig inhaltsreiche Ansprachen gibt. Aber an diesem Dienstag gab es eine ganz besondere: Baroness Sayeeda Warsi, Mitglied des britischen Oberhauses, Mitglied im Kabinett David Cameron, erste Muslima in der Führung der konservativen Partei, gab eine Rede vor Studenten an der päpstlichen Diplomatenschule. Es gibt um die Rolle von Religion und Gesellschaft, um das Christentum und Europa.

Was die Muslima den Christen ins Stammbuch schrieb, war beeindruckend. „Europa müsse mehr Vertrauen in sein Christentum haben“. Sie diene als Abgeordnete „einem christlichen Land.“ Und das alles sei dem Glauben nicht abträglich, auch ihrem eigenen als Muslima nicht. Ganz im Gegenteil.

Ein eindrücklicher Beitrag zur Integrationsdebatte: Nur ein starker eigener Glaube lasse die Angst vor dem Glauben anderer, ja vor dem Anderen selbst abnehmen. Das Abschleifen der eigenen Identität sei genau der falsche Weg.

Sie selber habe ganz bewusst ihre muslimisch erzogene Tochter auf eine christliche Schule geschickt, schließlich sei Großbritannien ein christliches Land, mit christlichem Erbe und christlichen Werten. Das habe den Glauben ihrer heranwachsenden Tochter gestärkt, einen britischen Islam.

Religionen, so Warsi, spiegelten immer die Kultur des Landes wieder, in dem sie gelebt werden, und das sei auch gut so. Deswegen brauche Europa ein Christentum mit mehr Selbstvertrauen. Nur wer den eigenen Glauben ernst nehme, könne das auch mit dem Glauben des Nächsten tun.

Über eine Stunde sprach sie vor den angehenden Diplomaten über die Akzeptanz des Anderen, die über bloße Tolerierung hinausginge, über die Stärke kultureller Werte, die in Europa immer auch die Stärke religiöser Werte sei, und über die Gefahr, die eigene Geschichte verdrängen zu wollen.

„Um sicher zu stellen, dass der Glaube seinen eigenen Ort in der Öffentlichkeit hat und dass der Frieden in der Gesellschaft gefördert wird, müssen sich Menschen ihrer religiösen Identität sicherer werden, überzeugter in ihrem Glauben. Das bedeutet in der Praxis, dass Glauben nicht verwässert wird und Nationen ihr religiöses Erbe nicht verleugnen. Um diesen Gedanken zu Ende zu führen: Europa muss sich seines Christentums sicherer werden.“

Mehr dazu hier

Kategorien Allgemein, Glaube und Vernunft, Rom, Spiritualität / Geistliches Leben, VatikanSchlagwörter Atheismus, Christentum, Diplomatenschule, Europa, Geschichte, Gesellschaft, Glauben, Großbritannien, Identität, Kultur, Religion, Sayeeda Warsi, Toleranz, Vertrauen, Werte10 Kommentare zu Integrationsdebatte und Religion: Mehr Christentum, bitte!

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