Katholiken wissen, wie man Autorität inszeniert, im guten Sinn des Wortes. Wie man sie sichtbar macht. Der Petersplatz ist der perfekte Ort dafür, aber auch jede Liturgie zeigt das. Kleidung, Zeichen, all das zeugen von sichbarer Autorität in der Kirche. Diese Autorität ist aber nicht alles, denn dazu gehört das Gegenstück. In meiner ersten Folge zum Thema habe ich über Autorität geschrieben, mit diesem Stück möchte ich das aufrunden auf Autorität, Kirche und Gehorsam.
Am 24. November traf Papst Franziskus die Seminaristen des Bistums Agrigent in Italien, wie er das gerne tut legte er den Redetext beiseite und sprach frei, sein Thema war die Spiritualität des Priesters. Aber das Thema dahinter war das des Gehorsams, der mehr ist als nur das Ausführen von Befehlen. Da hört man wieder den Jesuiten heraus, aber was er sagt ist weiter als nur für Ordensleute gültig. Und darauf mag ich mich hier stützen.
Autorität, Kirche und Gehorsam
Holen wir etwas weiter aus: Papst Franziskus begann – und das ist ganz jesuitisch – mit dem Gedanken, dass man das Priestertum nicht ohne eine „Mission“ leben kann. Und das Wort müssen wir hier geistlich verstehen, es ist durch die Geschichte des „Missionars“ etwas verdorben, aber es bedeutet halt mehr als nur „Auftrag“. Es geht nicht ohne eine Mission. Oder eine Sendung, eine Aus-Sendung.
Ohne eine solche „Sendung” spaziert man nur herum, so Papst Franziskus, ohne den Horizont der Mission bricht man nicht auf sondern verirrt sich in einem Labyrinth.
Und wie stellt der Priester fest, ob das was er tut wirklich Wille Gottes und damit Sendung ist? Dafür gibt es den Bischof. Oder im Fall von Orden füge ich an: den Oberen und die Obere.
Im Layrinth verirrt
„Der Bischof ist derjenige, der im Namen Gottes sagt: ‚Das ist der Weg‘.“ Eine steile Ansage: Der Bischof – oder Obere oder Oberin – spricht „im Namen Gottes“. Hier sind wir beim Thema Gehorsam, denn auf einmal geht das weit über Funktionalität und Stellenpläne und Machbarkeit hinaus. Und hier bekommt dann auch das Wort „Mission“, „Sendung“, seinen Sinn.
Dieser Gehorsam muss dialogisch sein, denn „jeder hat seine eigene Persönlichkeit, seine eigene Art zu fühlen, seine eigene Denkweise, seine eigenen Tugenden, seine eigenen Fehler“. Und der Bischof – die Oberen – helfen beim Wachsen. Dieser Gehorsam ist „nicht verhandelbar“. Das wird nicht in Verhandlungen oder Versammlungen entschieden, sondern vom Oberen.
Man könnte jetzt sagen, dass das dem Bischof und den Oberen viel Macht gibt, und das ist einerseits auch richtig. Aber das stellt andererseits auch ziemlich starke Ansprüche an diejenigen, welche diese Autorität ausüben.
Anspruch an die Autorität
Der Papst spricht über den Bischof: „Er ist nicht der Besitzer der Firma, … er ist nicht der Boss. Es ist nicht das, was er befiehlt: ‚Hier befehle ich‘, einige gehorchen, andere geben vor, zu gehorchen, und andere tun nichts.“ Das ist der Gehorsam, wie wir ihn vielleicht kennen, Zwang und das Bemühen, dem zu entgehen. So ist das aber nicht fruchtbar. So hat das keinen Heiligen Geist, so der Papst.
Und noch etwas fügt der Papst in Bezug auf diesen Gehorsam an: er ist eingeordnet. Für Priester ist das: eingeordnet sein in die Gemeinschaft der Priester, und eingeordnet sein in das Volk Gottes. Sonst macht der Gehorsam überhaupt keinen Sinn und sonst hat auch die Autorität des Bischofs keinen Sinn.
„Denn oft, wenn wir das vergessen, fallen wir in den Klerikalismus und vergessen die Menschen, von denen wir kommen.“ Wer das vergisst, fühlt sich überlegen, und das wird dann die „schlimmste Perversion“ des Priesterseins. Starke Worte.
So gehören Autorität und Gehorsam zusammen
Wenn man jetzt beides zusammen packt, die Autorität auf der einen und den Gehorsam auf der anderen Seite, beide richtig verstanden, wird ein Schuh draus. Es geht nicht um Verwaltung und Herrschen, auch wenn das sicherlich zwei Versuchungen dieser Autorität sind. Es geht auch nicht um eine Engführung des eigenen Verkündens auf das, was der Chef sagt. Das ist nicht Gehorsam. Beides gehört zusammen und beides gehört in die Kirche.
Wir haben beides irgendwie als böse markiert: Freiheit ist gut und Gehorsam nicht, Autorität wird immer mehr und aus guten Gründen in Frage gestellt, es gibt einfach zu viele Beispiele von schlecht ausgeübter Autorität. Um so wichtiger wäre es, die Sprache darüber wieder zu gewinnen und uns zu fragen, was wir – die Priester, die Ordensleute – darüber zu sagen haben. Wie wir über diese Dimension unseres Lebens sprechen. Ich bin ja kein freischaffender Künstler, nur mir selbst gegenüber verantwortlich.
Die Einbindung in Gemeinschaft, in Kirche, in Tradition und so weiter, die geschieht eben über Autorität und Gehorsam. Das kann etwas sein, was gut ist, was man zeigen kann, von mir aus auch inszenieren. Aber dann muss klar sein, was das eigentlich ist.