Skip to content
  • Home
  • Über mich
  • Jesuiten

PaterBerndHagenkord.blog

Vatican News

powered by Logo des Jesuitenordens

Schlagwort: #SinodoAmazonico

Die Flüchtlingshelferin

Veröffentlicht am 27. September 201913. August 2019
Flüchtlinge in Manaus Flüchtlinge aus Venezuela: So leben sie, wenn ihnen nicht geholfen wird

Erst kamen sie aus Haiti, nach dem Erdbeben 2010 war das, und dann in Wellen danach. Flüchtlinge in Manaus, eine Stadt mitten im Urwald, und die Kirche versuchte ihr bestes, ihnen zu helfen. Und seit einiger Zeit kommen sie vom nördlichen Nachbarn, aus Venezuela. Weiße, Indigene, alle Kulturen. Es geht einfach nicht mehr, sagen sie.

Und Janaina Paira versucht zu helfen. Sie leitet das Projekt Flüchtlingshilfe bei der Caritas des Bistums Manaus, ihre große Herausforderung: mit den Mitteln die sie haben immer mehr Menschen zu helfen.

Flüchtlinge in Manaus

Janaina erklärt lange, sie hat die Zahlen parat, Grafiken, Entwicklungen und Projektideen. Da sind eine Menge Überlegungen hinein gegangen. Aber sie fährt uns auch durch ein wildes Lager, also dorthin, wo die Migranten aus dem Norden miteinander wohnen, ohne Hilfe. Dicke Plastikplanen und wackelige Gestelle am Busbahnhof von Manaus, so sieht das aus. Wir waren während der Regenzeit dort, eine fürchterliche Situation.

Wie macht man das, immer wieder Menschen die irgendwie zwischen Hoffnung und Verzweiflung leben zu helfen? Rechnen, sagt Janaina. Genau überlegen, und dann die Ressourcen dorthin bringen, wo sie Gutes tun. Im Augenblick ist das das Wohnprogramm, um die Flüchtlinge aus dem Teufelskreis keine Wohnung, keine Arbeit heraus zu bekommen. Und der Gesundheit ist das auch zuträglich, sagt sie.

Aus dem Teufelskreis heraus

Drei Monate sorgt die Caritas für Unterkunft, länger nicht. Für mehr ist einfach kein Geld da. Aber das hilft schon, sagt die gelernte Sozialarbeiterin. Wenn die Flüchtlinge erst mal von der Straße und vom Busbahnhof weg sind, dann sind sie auch weg aus der Illegalität, dann können sie arbeiten statt zu dealen oder andere Dinge zu tun. Das hilft vor allem Müttern und Kindern, die einen Großteil der Fliehenden ausmachen.

Sie führen in der Caritas genaue Listen, wie viele kommen, wie viele waren das im vergangenen Jahr, bis wann reicht das Budget. Projektanträger für die Hilfsorganisationen werden eingereicht, Kalkulationen erstellt. Rationalität hilft bei der Menschlichkeit. Die Caritas-Stelle in Manaus ist ein rationaler Ort. Und ein sehr menschlicher Ort. Janaina Paira hilft, wie sie helfen kann. Mehr geht halt nicht. Und damit das möglichst wirkungsvoll ist, wird halt gerechnet.

So geht das eben auch in Manaus, Menschlichkeit braucht halt auch seine Kalkulationen. Denn morgen kommen ja schon wieder neue Flüchtlinge aus dem Norden an.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter #SinodoAmazonico, Amazonien, Caritas, Flüchtlinge, Manaus, SynodeSchreiben Sie einen Kommentar zu Die Flüchtlingshelferin

Die die Welten Verbindende

Veröffentlicht am 25. September 201913. August 2019
Leben diesen Völkern widmen Adriana Huber Azevedo, Bootsfahrt auf dem Weg zu indigenen Völkern

Ihr halbes Leben hat sie in Amazonien verbracht. Seitdem sie 13 Jahre alt war hat sie davon geträumt, ihr Leben diesen Völkern widmen zu können. „Und das hat irgendwie funktioniert“, sagt Adriana Huber Azevedo heute, nach zwanzig Jahren hier in Amazonien.

Sie habe sich selber hier finden können, sowohl bei den Menschen, als auch in der Aufgabe, erzählt sie mir in einem Gespräch in der kleinen Stadt Autazez, am Rio Maderinha. Zuvor hatten wir unter ihrer Anleitung das Volk der Mura besucht. Sie selber arbeitet beim Cimi, der ungelenk auf Deutsch „Indianermissionsrat“ genannten Institution. Es geht um den Einsatz der Kirche für die indigenen Völker, dessen Präsident ist im Augenblick Bischof Erwin Kräutler.

Ihr Leben diesen Völkern widmen

Aber das ist die Gefahr, wenn man von den Institutionen spricht, von Anwaltschaft, von Rechten und von Gefahren: irgendwie geraten die einzelnen Menschen, die Begegnungen, aus dem Blick.

Also meine Frage noch mal an Adriana Huber Azevedo: was findet eine Schweizerin so faszinierend, dass sie ihr Leben hier lebt?

Es sei die Art und Weise, wie die indigenen Völker die Welt sehen, erklärt mir die Sozialanthropologin. Wobei diese Studienbezeichnung an Büro, Computer und abstrakte Konzepte denken lässt. Dass kann Adriana Huber auch, aber in Havaianas, lockerer Kleidung und nur mit einem wasserdichten Rucksack bepackt ist sie nicht die akademische Beobachterin.

Nicht Beobachterin, sondern dabei

„Das was wir Umwelt oder Natur nennen, das sehen diese Völker nicht als Objekt, sondern als Gesprächspartner und politisches Subjekt.“ Beziehungen zu anderen Lebewesen, das klingt fast schon esoterisch, ist es aber ganz und gar nicht. Es sei halt keine Reduktion auf Ressourcen, erklärt die Schweiz-Brasilianerin.

Bei aller Überzeugung und bei allem Einsatz kommt sie aber so gar nicht kämpferisch herüber. Ab und zu tastet sie nach deutschen Worten, die ihr entgleiten, sie wirbt ehr und spricht leise, man hört klar, dass sie das Sprechen für die Rechte nicht den Indigenen abnehmen will. Sie setzt sich nicht an ihre Stelle. Sie hilft beim und zum Sprechen.

Beim Sprechen helfen

Beim Thema Bildung kommen dann ihre beiden Welten, die Realität des Amazonas und die Ausbildung an der Uni, zusammen. Sie spricht von der Kolonisierung des Wissens und durch Wissen, wenn es um Bildung geht. „Wir leben in einer vernetzten Welt, es ist eine Klischeevorstellung, dass die indigenen Völker isoliert von anderen leben“. Sie brauchen Wissen, um sich in unserer sich verändernden Welt durchsetzen zu können. Aber eben auf ihre eigene Art, in ihrer eigenen Sprache.

Lange sie ihnen eingeredet worden, dass ihr eigenes Wissen keinen Wert habe, das traditionelle Wissen um Heilung und um die Natur. Das müsste sie zurückgewinnen dürfen.

Adriana Huber Azevedo bleibt Brücke, auch wenn nicht immer gleich das richte Wort zur Hand ist, der Schweizer Akzent hat überlebt. In ihr kommt die Begegnung der Welten zusammen, vor allem auch der europäisch geprägten weißen, westlichen Welt und die Welt der indigenen Völker.

Das alles auf positive Art verbinden, das gibt sie mir am Ende unseres Gesprächs mit. Das könnte für ihren Lebensstil und ihre Arbeit auch sagen: positiv verbinden.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und VernunftSchlagwörter #SinodoAmazonico, amazonas, Bildung, Cimi, Indigene, SynodeSchreiben Sie einen Kommentar zu Die die Welten Verbindende

Zwischen den Kulturen

Veröffentlicht am 23. September 201913. August 2019
Indigene Kultur in der Spannung Ausdruck ihrer Kultur: Ticuna führen ihre Tänze und Musik vor

„Ich bin Ticuna, und ich bin Brasilianerin“: Omaida Pereira Vasquez muss nachdenken, die Frage hatte sie so nicht erwartet. Ob sie sich mehr als Ticuna oder Brasilianerin fühle, wollte ich wissen. Sie lebt die indigene Kultur in der Stadt, in Manaus, gemeinsam mit anderen ihres Volkes der Ticuna in einer Gemeinschaft. Aber sie will auch wieder zurück. Sie lebt indigene Kultur in der Spannung.

Wir waren eingeladen im Kulturzentrum, dass den Ticuna von einer europäischen Botschaft geschenkt worden war. Nichts Großartiges, eines der üblichen Holzhäuser, ein Raum, aber eben nur für die Ticuna und ihre Kultur da.

Indigene Kultur in der Spannung

Geboren wurde Omaida Pereira im angestammten Land der Ticuna, dort wo sich Peru, Kolumbien und Brasilien treffen. Bis zu 1.500 Kilometer weg von Manaus ist das, oder wie es Omaida sagt: Acht Tage im Boot.

Sie ist sowas wie Teilnehmerin in einem Experiment. Weil sie Bildung wollen, kommen die Ticuna in die Stadt. Sie selber erzählt, dass sie bis sie 30 Jahre alt war nicht mal aus ihrem Dorf heraus gekommen ist, jetzt hat sie studiert und ist Lehrerin. Ihr Mann sei schon zurück im Dorf, auch er ein Lehrer. Und dahin wolle sie auch wieder.

Sie möchte wieder zurück

Die Ticuna in Manaus wollen aber auch in der Stadt Ticuna bleiben, wir bekommen eine Vorführung ihrer Musik, ihrer Tänze. Und mir stellt sich automatisch die Frage, ob das noch Kultur ist, oder ob das hier in der Stadt nicht schon in Folklore abgleitet. Und ob das überhaupt vermeidbar ist.

Omaida ist da eindeutig, sie versteht meine Frage, ist aber nicht einverstanden. Nein, das sei nicht nur Musik, da seien auch die Werte. Ihre Kleidung sei nicht nur exotisch, da stecke der Bezug zur Natur und zur Umwelt drin. Und wenn die Kinder mit ihr als Lehrerin auch ihre Sprache lernen würden, dann würde das auch so bleiben.

Dorfkultur in der Stadt

Meine Skepsis bleibt. Sie ist zwar leiser geworden, Omaida ist eine selbstbewusste Frau die sich und anderen sicherlich nichts vormacht. Aber trotzdem, wie will man eine Dorfkultur in der Stadt erhalten? Wie eine Landwirtschaft-Kultur, wenn die Leute in Fabriken arbeiten? Wie sich der Geldkultur entziehen?

Zu Besuch bei den Ticuna kann man kultureller Transformation zuschauen. Omaida ist das beste Beispiel für das Gelingen. Studiert und urban, aber tief in ihrer Kultur zuhause und diese bewahrend. Einfach ist es nicht, sagt sie noch. Aber das ist es ja nie.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und VernunftSchlagwörter #SinodoAmazonico, amazonas, Folklore, Indigene, Kultur, Ticuna, Urbanität5 Kommentare zu Zwischen den Kulturen

Der Pilger

Veröffentlicht am 21. September 201913. August 2019
Kirche unterwegs P Juán Fernando López Pérez SJ

Seine Energie ist kaum auszuhalten. Er sprüht von Positivität, vom Lust am Leben, er ist begeistert von Menschen und seiner Aufgabe: Pater Juán Fernando López Pérez SJ. Er ist auf den Flüssen des Amazonasgebietes unterwegs, immer im Boot, Kirche unterwegs sozusagen, aber er selber nennt es noch anders: Pilger sein.

Fernando ist Jesuitenpater, so sind wir beide schnell beim Insider-Sprech, das haben ja alle Gruppen so. Und er sagt, dass vom Ursprung unseres Ordens diese eine Dimension, die Ignatius so wichtig gewesen sei, verschwunden sei. Das Pilgern. Immerhin trägt der Text, den er  vor seinem Tod diktiert hat, den Titel „Bericht des Pilgers“.

Kirche unterwegs

Es brauche Institutionen, es brauche das Mitleben, aber es brauche eben auch das Unterwegssein, so erklärt es Fernando mir. Die drei gehörten für die Kirche zusammen. Aus seinem Mund hört sich das etwas ausgedacht an, aber ich nehme es ihm sofort ab. Und genau das wolle er leben, das Pilgern. Das Unterwegssein.

Wir begegnen uns im Hof eines kleinen Pfarrhauses, zusammen mit anderen Priestern aus der Region. Und die erzählen von ihrer Arbeit. Sofort wird klar, wie sehr Pater Fernando das was er tut und will reflektiert. Ich sitze neben ihm und kann diese positive Energie fast spüren.

Er mag Menschen

Selbst wenn er schimpft und in Tiraden über den Vernichtungsfeldzug des Kapitals herzieht, bleibt er positiv. Und zwar weil er die Menschen mag. Bei aller Reflektiertheit ist es dieses Mögen, die man ihm in seiner Energie anmerkt. Das Pilgern ist vor allem das: Menschen treffen, Menschen kennen lernen. Interessiert sein, helfen und zuhören.

Fernando steigt in ein Boot, das ist seine Arbeit. Er fährt dorthin, wo sonst Kirche nicht hin kommt. Und das nicht alleine, es sind Gruppen unterwegs, Ordensleute und Laien gemeinsam. Am Anfang habe sein Oberer ihm gesagt „fahr los und in drei Monaten sehen wir uns alle hier wieder und berichten“, daraus seien nun 21 Jahre geworden. Er sei „auf den Füßen geboren“ worden, so sagten es seine beiden leiblichen Brüder (die auch Jesuiten geworden sind).

20 Jahre unterwegs

Spannend wird es, wenn er von der Doppelabsicht dieser Bootsreisen erzählt. Zum einen will er Menschen begegnen, Dörfer besuchen. Dann will er aber auch diejenigen schützen, die genau das nicht wollen: Begegnung. „Indigenous Peoples in Voluntary Isolation“ nennt man sie international, PIAV (weil ja alles abgekürzt daher kommen muss. Menschen, die zwar um die Umwelt und die Gesellschaft wissen, die Helikopter oben sehen und ab und zu Weiße im Urwald, die aber damit nichts zu tun haben wollen.

Nicht alle davon sind bekannt, und man kann ja auch schlecht herumfahren und alle fragen, ob sie wollen oder nicht. Wenn sie also Anzeichen finden für eine solche abgeschiedene Gesellschaft, dann werden die Koordinaten aufgezeichnet und dem Staat gemeldet, der sie dann schützen muss. Ansonsten hält man sich fern von ihnen.

Schutz der Schwächsten

Der Pilger lebt also nicht nur von der Begegnung, sondern auch von der (Nicht-)Begegnung mit denen, die solch eine Begegnung nicht wollen. Er lebt von der Begegnung mit dem Willen, allein bleiben zu wollen. Er lebt vom Schutz derjenigen, die sich selber nur dadurch verteidigen können, dass sie sich der Begegnung entziehen.

Pater Fernando spricht schneller, wenn er davon erzählt. Ich nehme mal an, dass ich nicht der erste bin, trotzdem ist seine Begeisterung zu spüren, die Energie die diese Reisen ihm geben. Es ist schon wahr, das Pilgern und die Kirche unterwegs verändert nicht nur die Besuchten, sondern vor allem und sogar zuerst den Pilger selber. Das ist ja der ganze Trick dabei. Sich selber und seinen Glauben prägen lassen vom Unterwegssein, das kann man bei Pater Fernando geradezu anfassen, so physisch ist das.

Er will auch gar nichts anderes machen. Obwohl in Spanien geboren ist er in Paraguay in den Orden eingetreten, der Orden könne ihn also gar nicht nach Hause holen, er sei hier zu Hause, sagt er schmunzelnd. Er singt das Lob der Einfachheit, unser leben müsse einfacher werden – und wenn er „uns“ sagt, spricht er von uns Europäern, zu denen er selber ja auch gehört. Einfacher, damit einfach alle Menschen lebeneinander leben können.

Das trinitarische Prinzip

Und während wir reden, kommt er immer wieder auf die Synode zurück: „Die große Herausforderung ist, nichts zu romantisieren. Wir brauchen Einheit in Verschiedenheit, nicht in Gleichheit. Die indigenen Völker bringen uns bei, in Verschiedenheit miteinander zu leben. Jetzt ist die Frage an uns, ob wir uns helfen lassen von den indigenen Völkern, diese Logik der vereinten Verschiedenheit zu sehen, das ist die große Herausforderung.”

Und da kommt auch wieder das Reflektierte in Fernando heraus: „Ich nenne das mal das Trinitarische Prinzip, je größer die Verschiedenheit untereinander desto göttlicher ist die Einheit. Die Kirche muss neu die Verschiedenheit verkörpern.“

Fernando ist nun wieder auf den Flüssen unterwegs. Pilgernd. Gott in den Menschen begegnend. In der Verschiedenheit der Menschen.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter #SinodoAmazonico, amazonas, Amazonien, Indigene, Jesuit, PIAV, Pilger, Synode4 Kommentare zu Der Pilger

„Auf beiden Seiten der Brücke“

Veröffentlicht am 19. September 201919. September 2019
für die Rechte der Indigenen einsetzen Unterwegs mit Sr. Irma Luzinete de Arauso Silva

Sich für die Rechte der Indigenen einsetzen ist wirkliche Evangelisierung: Luzinete de Araujo Silva ist Ordensfrau und arbeitet sowohl in der Seelsorge, als auch beim Cimi mit. Cimi: das ist der Einsatz für die Rechte der Indigenen. Seelsorge vor Ort, das sind vor allem die nicht-Indigenen. Damit ist sie auf allen Seiten der Konflikte, bei den Weißen und den Bauern, und bei den Indigenen. „Auf beiden Seiten der Brücke arbeiten“ nennt sie das.

Das Evangelium komme so in die Welt, sagt sie im Gespräch, „inkarniert“ werde es. Der Einsatz für die Menschen, die niemanden auf ihrer Seite hätten oder denen nur mit Vorurteilen begegnet würde, das sei echter Einsatz für die Frohe Botschaft.

Sich für die Rechte der Indigenen einsetzen

„Ich sehe, dass Cimi wirklich ein Evangelisierungswerk im wahrsten Sinne des Wortes vollbringt“, sagt Sr. Lucinete. „Denn zu evangelisieren bedeutet, sich um das Leben zu kümmern, das Leben in den Mittelpunkt zu stellen. Und die Aktivitäten, obwohl sie nicht direkt verkündend, sakramental oder pastoral sind, haben in ihrem Zentrum die Sorge um das bedrohte Leben.“ Jeder solle das Leben haben, und es in Fülle haben.

Die Seelsorge in der Gemeinde in dem kleinen Dorf, das sich ihre Gemeinschaft als Ort ausgesucht habe, bringe sie hingegen in Kontakt mit den Weißen, den Holz- und Viehwirten. Auch die gehörten zur Realität Amazoniens hinzu.

Amazonisierung der Welt

Wir fahren auf einem der vielen Flüsse, unterwegs zu einem Dorf um dort das Volk der Mura zu treffen. Das mache sie täglich, drei verschiedene Völker gebe es hier, mit Gruppen sei sie unterwege, diese zu besuchen, zuzuhören, zu helfen und Glauben und indigene Kultur zusammen zu führen.

Die Kultur in Amazonien sei besonders, Amazonien sei besonders, sagt Sr. Lucinete. „Wir hoffen von der Synode, dass die Kirche diese Besonderheit anerkennt und dass sie die Kultur hier akzeptiert. Die Kirche muss die Art und Weise der Kultur annehmen, wir brauchen sozusagen die Amazonisierung der Welt, nicht umgekehrt“, sagt sie lachend.

Aber die Synode finde ja schon statt, fügt sie an, hier in Amazonien, an den Orten an denen sie Gespräche führe, sei es mit Indigenen, sie es in den Gemeinden. In den Studiengruppen, den Diskussionen. „Neue Wege der Kirche, das passiert bereits“. Dass sich jetzt durch diese Synode in Rom alles auf einmal ändern würde, glaube sie hingegen nicht.

Nicht warten auf ein Dokument

Das Neue sei nicht so sehr von einem Dokument zu erwarten, dass die Synode im Oktober produziert. Das Neue, das komme in den Gesprächen vor Ort. „Das Neue wird geboren, wenn die Gemeinden vor Ort dieses Neue annehmen und nicht erwarten, dass dieses Dokument kommt.“ Die Synode könne eher sowas sein wie ein Schlusspunkt oder wie die Zusammenfassung dessen, was hier in Amazonien alles passiert.

Beide Seiten der Brücke – das heißt, dass nicht nur die Indigenen diesen neuen Weg gehen. Das gelte für die gesamte Kirche. Weiße und Indigene, am Fluss oder im Dorf.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter #SinodoAmazonico, Amazonien, Bischofssynode, Dokument, Indigene, Kultur, Verkündigung1 Kommentar zu „Auf beiden Seiten der Brücke“

Der vertriebene Vertriebene

Veröffentlicht am 17. September 201913. August 2019
fremd in Brasilien Neves, Kazike einer Gemeinschaft des Volkes der Warao in Manaus

Er spricht Spanisch, obwohl wir in Brasilien sind. Das alleine zeigt schon Fremdheit an. Neves ist fremd in Manaus, fremd in Brasilien. Er ist ein Vertriebener. „Im Augenblick träumen wir noch nicht einmal von der Rückkehr, den die Situation in Venezuela ist schlimm, schlimm, schlimm,” sagt er. So klingt Perspektivlosigkeit.

Unter ihrem Land habe man Öl vermutet oder gefunden, so genau weiß er das nicht. In Venezuela sei das gewesen, weit im Norden von Manaus im Urwald Brasiliens, wo wir ihn treffen. Von dort vertrieben sei sein Volk zuerst in die Städte gegangen, und weil das furchtbar gewesen sei hätten sie sich nach Brasilien aufgemacht, um irgend eine Zukunft zu haben.

Fremd in Brasilien

Ich begegne Neves in einem Betonblock, so ziemlich das genaue Gegenteil dessen, wie wir uns ein Dorf indigener Völker vorstellen würden. Und so ist es auch. Das sei nur vorübergehend, bis man was am Stadtrand finde, wo auch Landwirtschaft betrieben werden könne, sagt er. Aber bis dahin wolle man doch alles an Kultur halten, was irgendwie gehe.

fremd in Brasilien
Die Wohnblöcke der Warao in Manaus

Neves ist der Kazike der Gemeinschaft hier. Das heißt, er ist der gewählte Leiter. „Häuptling“ hätte man das früher genannt, aber das weckt zu viele falsche Assoziationen. Neves hat so gar nichts von all dem, was an Bildern vor dem inneren Auge aufsteigt. Und er ist gewählt, alle zwei Jahre bestimmen sie ihren Kaziken.

Verteilung von Essen steht auf seinem Aufgabenzettel, er ist zuständig für Gerechtigkeit dabei. Und die Suche nach etwas Neuem.

Wir schlendern durch die Unterkunft, offene Türen, offene Fenster, das Leben spielt sich offen ab. Wie auch in den Dörfern. Hier in Manaus wirkt das völlig fehl am Platz, ich ertappe mich dabei, mir einen Vorhang vor die Fenster zu wünschen, so viel Vertraulichkeit ist für uns Europäer schwer auszuhalten.

Seine Wünsche sind erst mal anders. Als erstes natürlich Eigenversorgung, etwas Landwirtschaft, man will nicht von Hilfen und vom Betteln leben. Und dann Bildung. Bildung vor allem für die Kinder, dann aber auch für die Jugend und überhaupt. Das ist übrigens etwas, was ich immer wieder höre, Bildung ist für die Indigenen wohl diejenige Ressource, mit der sich sich am besten in der Welt um sie herum zur Wehr setzen können. Und so falsch ist das ja nicht.

Bildung und Land

Aber dann klagt der Kazike auch, über die Vorurteile. Die Warao in Manaus seien ja doppelt fremd, als Indigene wären sie den Vorurteilen der Weißen ausgesetzt, als Vertriebene der Angst, dass sie jetzt den armen Brasilianern die niedrig bezahlten Jobs wegnähmen.

Und da leben sie nun im Beton, in der Hoffnung auf etwas Land, in der Hoffnung auf Bildung, damit es überhaupt Hoffnung gibt.

Verzweifelt klingt Neves nicht. Aber auch nicht zuversichtlich. Vorsichtig, so würde ich es charakterisieren. Er weiß, was seine Leute brauchen. Für große Träume reicht es da nicht. Erst mal ans morgen denken. Und dann ans übermorgen. Und irgendwann – vielleicht – dann auch wieder an Venezuela.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter #SinodoAmazonico, Brasilien, Flüchtlinge, Indigene, Manaus, Migranten, Venezuela, VertriebenSchreiben Sie einen Kommentar zu Der vertriebene Vertriebene

Begegnungen am Amazonas

Veröffentlicht am 15. September 201914. August 2019
Alle Theorie ist grau Man kann gar nicht anders als beeindruckt sein von der Natur des Amazonasgebiets

Im Vatikan versammelt sich die Bischofssynode, Thema sind „Neue Wege für die Kirche und die integrale Ökologie“, so der Titel. Um zumindest etwas zu verstehen, worum genau es dabei geht, hatte das Hilfswerk Adveniat im Frühjahr zu einer Journalistenreise ins Amazonasgebiet geladen. Alle Theorie ist grau, es ging dabei um Begegnungen.

Dazu habe ich schon eine ganze Reihe von Beiträgen bei VatikanNews gemacht, suchen Sie da einfach mal mit dem Tag #SinodoAmazonico, da findet sich einiges. Und auch hier habe ich schon mal was geschrieben.

Alle Theorie ist grau

Hier möchte ich an dieser Stelle von einzelnen Begegnungen erzählen. Normale oder nicht so normale Begegnungen am Amazonas. In den kommenden Tagen und Wochen werden deswegen kurze Stücke hier erscheinen, keine tiefen Analysen sondern einfach nur Erzählungen von Begegnungen. Bei aller eindrucksvollen Natur und aller Fremdheit, bei aller Zerstörung die ich gesehen habe, waren es doch immer die Stimmen der Menschen, die in mir bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Und auf genau die sollen wir ja hören, sagt uns das Instrumentum Laboris.

Wir sind in Manaus gestartet, und dann immer weiter gereist, über Itaituba bis Jacareacanga, wenn Sie das mal nachsehen wollen. Aber das meiste, was wir gesehen haben, findet sich eher nicht auf Karten. Kleine Dörfer, indigene Kulturen, abgelegene Orte.

Es würde mich freuen, wenn ich zur Begleitung aus der Ferne an dieser Stelle etwas beitragen könnte.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, VatikanSchlagwörter #SinodoAmazonico, amazonas, Begegnung, Papst Franziskus, SynodeSchreiben Sie einen Kommentar zu Begegnungen am Amazonas

Verantwortungsgemeinschaft

Veröffentlicht am 1. September 201931. August 2019
weltweite Verantwortung Ruinierter Regenwald in Brasilien: wer trifft Entscheidungen?

Der Urwald brennt. Seit Wochen nun sind Brasilien und seine Nachbarländer in den Schlagzeilen, weil „unsere“ Lunge, die Lunge des Planeten, Opfer verheerender und menschlich verschuldeter Brände ist. Außerdem brennt die Arktis, das Great Barrier Reef vor Australien ist in üblem Zustand und dem Rest des Planeten geht es auch nicht sonderlich gut, die Erwärmung wird messbar. Also braucht es weltweite Verantwortung. Das sei zu viel für nur einen Staat, da müssen alle ran.

Gesehen jetzt erst wieder in Biarritz in der vergangenen Woche, Frankreichs Präsident Macron hat relativ deutlich gemacht, dass der Rest der Welt mitreden will, wenn es um Amazonien geht. Die Medien haben applaudiert, bis hin zur Forderung, wirtschaftlichen Druck zu nutzen. Um Gutes zu tun.

Weltweite Verantwortung

Dahinter liegt die Idee, dass Amazonien und der Regenwald zu wichtig sind, um sie nur einem Staat zu überlassen. Wir alle hängen davon ab, so das Argument. Also müssen wir alle Verantwortung übernehmen. Was Code ist für mit entscheiden wollen.

Und da sind wir dann auch bei der Kritik. In Brasilien heißt es, Präsident Macron wolle doch nur seine eigene Landwirtschaft gegen brasilianische Konkurrenz schützen. Außerdem habe das Einflussnehmen von außen einen neo-kolonialen Touch, um es vorsichtig zu sagen.

Neo-kolonial

Etwas weiter gefasst gibt es in Brasilien die politische Ur-Angst, dass die Weltgemeinschaft dem Land das Amazonasgebiet wegnehmen wolle. Ein Stichwort dazu gibt es auch schon: „AAA“ – „Andes – Amazonas – Atlántico“.

Die Kirche hat sich sehr deutlich gegen Versuche der Internationalisierung gestellt. Wie bitte? Dagegen? Jawohl, dagegen. Weltweite Verantwortung à la Macron ist ja gut und schön, aber eben auch nicht neutral. 2007 haben sich die Bischöfe Lateinamerikas getroffen und ein Dokument veröffentlicht, darin steht Folgendes zu lesen:

„Der zunehmend aggressive Umgang mit der Umwelt kann als Vorwand für Ideen benutzt werden, das Amazonasgebiet zu internationalisieren: Solche Ideen nützen einzig und allein den ökonomischen Interessen der transnationalen Unternehmen. Die Gesellschaft im gesamten Amazonasgebiet besteht aus vielen Ethnien, Kulturen und Religionen. In ihr wird immer heftiger um die Besetzung der Territorien gestritten. Die traditionalen Völker der Region fordern, dass ihre Territorien anerkannt und legalisiert werden.“ (Dokument von Aparecida, Nr. 86).

Cui bono

Cui bono ist die alte Frage: wem nützt es? Internationalisierungen haben bislang immer den großen Interessen genützt, dem Geld, dem Einfluss, den Starken. Jetzt nach der internationalen Verantwortungsgemeinschaft zu rufen ist etwas naiv, schauen wir auf Syrien, schauen wir auf den Jemen, schauen wir auf die anderen Umweltdesaster.

Zu glauben, das würde gerade jetzt anders, spricht menschlicher Erfahrung Hohn. Aus den Worten der Bischöfe spricht die bittere Erfahrung der letzten Jahre und Jahrzehnte.

Aber sie machen auch einen zweiten Schritt. Denn auch die nationale Regierung Brasiliens hat Unrecht. Sie handelt nämlich genauso neo-kolonial wie sie es Europa vorwirft. Sie enteignet, vertreibt und zerstört, was nicht ihnen gehört.

Bittere Erfahrungen

Die Bischöfe weisen auf die vielen Ethnien hin, die dort leben. Ihnen gehört das Gebiet, es ist ihr Lebensraum. Und ging es nach ihnen, bliebe das auch so. Dann blieben auch die Bäume.

Nicht Internationalisierung ist also die Lösung, sondern das Recht der Menschen vor Ort. Weder wir hier noch Brasiliens weiße Oberschicht und schon gar nicht die multinationalen Unternehmen haben das Recht, den Menschen dieses Recht vorzuenthalten. Die Lösungen müssen lokal sein.

Braucht es internationale Absprachen? Auf jeden Fall. Dass es Nachhaltigkeit-Abschnitte in mittlerweile jedem Abkommen gibt, ist gut und wichtig und richtig. Aber der Kern muss es sein, die Menschen entscheiden zu lassen, die es angeht. Sie nicht zu entrechten. Auch nicht im Namen einer abstrakten weltweiten Verantwortung.

Oder anders formuliert: Wir im Westen sind Teil des Problems. Nicht der Lösung. Wir sollten aufhören, uns und unsere Sichtweise anderen aufzudrängen.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Geschichte, Glaube und GerechtigkeitSchlagwörter #SinodoAmazonico, Amazonien, Aparecida, Interessen, Kirche, Kolonisierung, Landwirtschaft, Politik, Rohstoffe, Verantwortung, Wirtschaft13 Kommentare zu Verantwortungsgemeinschaft

Lateinamerika – Konsumkultur ist Kolonisierung

Veröffentlicht am 23. Mai 201913. Mai 2019
Den Weg des Konzils fortsetzen Der Wallfahrtsort von Aparecida, Brasilien

Es gibt viele Grundlagentexte, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil von einzelnen Ortskirchen oder Verbünden geschrieben wurden, neben den postsynodalen Schreiben der Päpste zu einzelnen Regionen gibt es etwa das Papier „Missionarisch Kirche sein“ der deutschen Kirche oder die Ergebnisse des Prozesses „Apostelgeschichte 2010“ in Österreich. So will man den Weg des Konzils fortsetzen.

Unter all diesen Dokumenten haben die Texte der Generalversammlungen der lateinamerikanischen Bischöfe immer herausgeragt, Puebla und Medellin waren zwei der auch die übrige Kirche prägenden Versammlungen, die unter anderem die Option für die Armen formuliert haben. Das jüngste Dokument, ebenfalls benannt nach dem Tagungsort: Aparecida.

Den Weg des Konzils fortsetzen

Nicht uniteressant, dass der damalige Erzbischof von Buenos Aires, Kardinal Jorge Mario Bergoglio, dem Redakionskomittee vorstand, als Papst hat er die Gedanken nach Rom und in die Weltkirche mitgebracht, vieles findet sich auch weiter entwickelt in seiner Enzyklika Laudato Si wieder.

2007 war das, als sich die CELAM in Brasilien versammelt hatte, eben im Wallfahrtsort Aparecida. Papst Benedikt XVI. hatte die Versammlung eröffnet, danach wurde zwei Wochen getagt. Herausgekommen ist ein Dokument von knapp 300 Seiten, das bis heute die Pastoral in Lateinamerika prägt.

Es ist aber mehr als das. Entstanden ist ein Dokument der Reflexion und der Grundlagen. Ohne das Rad neu erfinden zu wollen sollte ein Weg für die Kirche für alle verstehbar und nachvollziehbar formuliert werden. Und das ist geglückt.

Dynamik, nicht bloß Worte

Was beim Lesen vor allem auffällt ist die Dynamik, die sich durch den Text zieht. Es ist keine bloße Rhetorik, die Kirche versteht sich als gegründet und gesandt, man fordert die „Dynamik des Samariters“ für das eigene Tun. Auch das ein Thema, das Kardinal Bergoglio als Papst immer wieder nennt. Jüngerschaft und Mission seien zwei Seiten derselben Medaille, so das Dokument. Man sieht die Kirche in dieser Dynamik des Rufes Jesu, der Folgen haben muss für das eigene Leben.

Sehr deutlich fällt immer wieder die Ablehnung aller Formen der Vereinfachung der Realität aus, man wehrt sich gegen zu schnelle Lösungen und zu einfache Analysen. Ebenso wehrt man sich deutlich gegen die Fluchtbewegungen in „tröstliche Vorstellungen, in Echtzeit, live“; tröstende Phantasien könnten die Realität nicht ersetzen. Hier käme eine internationale und standartisierte Kultur zum Tragen, die lokale Traditionen missachte und indifferent gegenüber Unterschieden sei. Es sei eine „kulturelle Kolonisierung“, die von statten gehe. Deutlicher kann man in Lateinamerika nicht werden: Konsumkultur ist Kolonisierung.

Wider die Vereinfachungen

Auffällig ist weiterhin, dass einige Passagen in Gebetssprache verfasst sind. Es bleibt nicht bei der abstrakten Analyse. Der Dank spielt eine wichtige Rolle, aber ebenso die Klage über fehlenden Enthusiasmus, über die eigenen Mängel und Schattenseiten.

Herausgekommen ist etwas, womit Christen nicht nur in Lateinamerika etwas anfangen können. Deutliche Analysen über die Zersetzungskräfte der Gesellschaft, aber auch Hoffnung für das eigene Beten und Tun. Perspektiven nicht nur für die Kirche als Ganzes, sondern ganz konkret für die einzelnen Gemeinschaften und Pfarreien, in denen Kirche lebt.

Für den ganzen Kontinent

Die entscheidende Formulierung steht in Nr. 263:

„Wir verpflichten uns, eine große Mission im ganzen Kontinent durchzuführen. Sie wird uns abverlangen, alles, was wir denken und was uns bewegt, tiefer zu erfassen und einfallsreicher darzulegen, damit jeder Gläubige ein missionarischer Jünger werden kann“. Aus dem Papier wird so ein Prozess, der bis heute durch die Bistümer und Pfarreien geht, immer unterschiedlich, je nach Bedürfnis oder Fragestellung. Aber hier in Lateinamerika gibt es die lebendige Umsetzung eines Papiers zum Anfassen. Es soll die Kirche im Sinn des Konzils umformen, man setzt auf nichts weniger als „ein neues Pfingsten“.

In seiner Eröffnungsansprache hatte Benedikt XVI. von der „Kultur des Lebens“ gesprochen, die auf der Förderung des ganzen Menschen beruhen müsse, was die Priorität des Glaubens genauso umfasst wie das Beseitigen sozialer Ungerechtigkeiten. Das Dokument aus Aparecida will genau das umsetzen. Es lohnt sich ein Neu-Lesen, auch, aber nicht nur, anlässlich der Papstreise in diesen Tagen.

 

P.S.: Zur Erinnerung – ich selber bin gerade in Brasilien unterwegs, bitte sehen Sie mir nach, wenn nicht alle Kommentare sofort erscheinen, ich werde nicht dauernd online sein.

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Papstreise, Sprechen von Gott, Zweites Vatikanisches KonzilSchlagwörter #SinodoAmazonico, Aparecida, Bergoglio, Dokument, Kirche, Konzil, Lateinamerika10 Kommentare zu Lateinamerika – Konsumkultur ist Kolonisierung

Nicht über die Köpfe hinweg

Veröffentlicht am 19. Mai 201913. Mai 2019
was müssen wir tun Papst Franziskus in Peru, zu Besuch bei den Völkern Amazoniens, im Januar 2018

Wenn der Schutz der Schöpfung für Christen nicht optional ist, was folgt dann daraus? Was müssen wir tun? Während ich in diesen Tagen selber in Amazonien unterwegs bin, um zu lernen, zu schauen und zu hören, mag ich hier noch einmal drei Dinge nennen, welche der Papst uns – sehr allgemein – mit auf den Weg gibt. Das Ganze wird dann im Oktober während der Bischofssynode hier im Vatikan konkret zu besprechen sein.

In seiner Enzyklika Laudato Si hatte der Papst betont, dass es ein christliches Thema ist, ein Glaubensthema. Sein Referenzpunkt war und bleibt ein Gebet, der Sonnengesang des heiligen Franziskus. Das runterzubrechen und auszubuchstabieren, das ist die Herausforderung.

Was müssen wir tun?

Drei Dinge möchte ich nennen. Erstens dass Lösungen nur mit den Menschen, nicht über ihre Köpfe hinweg gefunden werden können. Klingt normal, aber wenn man sieht, wie international verhandelt wird ohne dass die Betroffenen am Tisch sitzen, können einem schon Zweifel kommen. Das Beispiel, das ich da immer wieder nenne ist die Frage, die wir an die Synode haben. Geht es wirklich nur um verheiratete Priester?

Zweitens: Die Weisheit der Menschen, die im Einklang mit der Natur leben. Da geht es natürlich vor allem um die indigenen Völker. Eine Warnung an unser technisches Denken, Alternativen aus anderen Kulturen nicht auszuschließen. Kulturen, die seit 1.000 Jahren dort leben, kennen ihr Land besser, als andere das können. Also sollten sie die „ersten Ansprechpartner“ sein, wenn es um Lösungen geht.

Verteidigung des Lebens

Und drittens: Die Verteidigung des Landes und der Natur hat nur ein einziges Ziel: Die Verteidigung des Lebens. Wenn es Kirche und Glauben um Leben geht, dann muss alles einbezogen werden, was lebt und was mit dem menschlichen Leben in Zusammenhang steht. Und da – wie der Papst in Laudato Si’ sagt – alles mit allem Zusammenhang steht, muss vor allem das geschützt werden, was großen Einfluss hat.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und VernunftSchlagwörter #SinodoAmazonico, Bischofssynode, Laudato Si, Papst Franziskus, Schöpfung, Umwelt2 Kommentare zu Nicht über die Köpfe hinweg

Schutz der Schöpfung ist nicht optional

Veröffentlicht am 15. Mai 201913. Mai 2019
Aussage aus Laudato Si Der Papst in Maldonado, Amazonien/Peru, im Januar 2018. Foto Alessandro de Carolis, (c) Vatican News

Christ zu sein bedeutet, die eigenen Pflichten gegenüber der Natur und dem Schöpfer als Bestandteil des eigenen Glaubens zu sehen. Deshalb müssen Christen die ökologischen Verpflichtungen besser erkennen, die aus ihren Überzeugungen hervorgehen. Der Schutz der Schöpfung ist nicht optional. So formuliert es Papst Franziskus (Laudato Si, N5. 64, 159). Die Aussage aus Laudato Si, der Sozialenzyklika von Papst Franziskus, ist eindeutig.

Im vergangenen Jahr, im Januar 2018, war der Papst in einer Region der Welt, in der dieses Thema besonders relevant ist, in Amazonien. Im Herbst diesen Jahres, im Oktober, wird es Thema der Versammlung der Bischofssynode sein. In diesem Teil der Welt kommen die wichtigen Zukunftsfragen der Kirche zusammen: Armut und Vertreibung, Zerstörung und Ausbeutung, Wegwerfkultur und Schutz des Lebens, Zukunftsfähigkeit konkreter christlicher Gemeinschaften.

Aussage aus Laudato Si

Christsein, an den Schöpfer und Erlöser glauben, hat Folgen, konkrete Folgen. Und am Amazonasgebiet und dessen Problemen kann man das ganz konkret und dringend studieren. Und hier ist Handeln gefragt, deswegen ja auch das Thema der Synode im Oktober.

Nur ist das alles ziemlich weit weg. Wir bekommen zwar viel über Politik mit, kaum aber etwas über die konkreten Lebensumstände, die Kultur, die Probleme. Und wenn das Thema der kommenden Synode in katholischen Medien besprochen wird, dann scheint es nur ein Thema zu geben: Das der verheirateten Priester. Als ob wir entscheiden dürften, was dort debattiert werden muss. Eine Form von Ausbeutung, wenn Sie so wollen, wir wollen wieder einmal bestimmen, was zu tun ist.

Auch das ein Thema, das Papst Franziskus immer wieder nennt.

Form der Ausbeutung

Während Sie diese Zeilen lesen, bin ich deswegen unterwegs, nach Amazonien. Für zwei Wochen darf ich mit dem Hilfswerk Adveniat den nördlichen Teil Brasiliens bereisen, um besser kennen zu lernen, was in der Synode besprochen werden wird. Um nicht nur dieselben europäischen Themen zu beackern.

Ich bin kein Amazonas-Spezialist. Um so wichtiger ist es, gerade hier, wo es um konkrete Dinge gehte, die konkrete Situation kennen zu lernen.

Also bin ich zwei Wochen unterwegs. Bitte sehen Sie mir nach, dass ich nicht immer und dauern online sein kann und Kommentare vielleicht mit etwas Verspätung erscheinen.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und VernunftSchlagwörter #SinodoAmazonico, amazonas, Amazonien, Enzyklika, Laudato Si, Papst Franziskus, Papstreise, Schutz, Synode, Umwelt4 Kommentare zu Schutz der Schöpfung ist nicht optional

Gierig, kurzsichtig und illusorisch: Der Papst und die Wirtschaft

Veröffentlicht am 13. Mai 201913. Mai 2019
Wirtschaft dient dem Menschen Wie viel Zeit bleibt noch? Euroscheine, Quelle Pixabay

Die SPD in Deutschland hatte auf einmal eine Sozialismusdebatte. Der Juso-Chef hatte von Verstaatlichung gesprochen und nachgelegt, die Reaktionen kamen prompt, dafür, dagegen, weil Wahlkampf ist leider oft absehbar. Die Debatte dahinter ist die nach einem menschlichen Wirtschaftssystem. Welche Wirtschaft dient dem Menschen?

Am gleichen Tag in der vorletzten Woche hatte der Papst gleich zwei Ansprachen zum Thema zu halten, einmal vor italienischen Industrievertretern und einmal vor einem Verband.

Wirtschaft dient dem Menschen

Bei ersterer sprach er über die prekäre Verfassung unseres Planeten und das Wirtschaftsmodell, „ein gieriges Modell, orientiert am Profit, kurzsichtig und auf der Illusion eines unendlichen Wirtschaftswachstums basierend“.

Es brauche eine Wende im wirtschaftlichen Denken. Ein Gedanke der seit Evangelii Gaudium und dann erst recht in Laudato Si‘ immer wieder die Gedanken des Papstes beschäftigt. Nichts weniger als einen „Paradigmenwechsel“ brauche es, Wirtschaft müsse im Dienst am Menschen stehen, nicht umgekehrt.

In der zweiten Ansprache betonte er die Bedeutung der Gemeinwohlorientierung auch der Wirtschaft. „Einerseits sehen wir dabei zu, wie rein wirtschaftliche oder finanzielle Kriterien und konsumorientierte Aktivitäten die Überhand gewinnen, und andererseits zeigt sich immer mehr die Unfähigkeit, die gerechte Verteilung des Einkommens mit der Aufwertung der Entwicklungsmöglichkeiten in Einklang zu bringen. Es ist wichtig zu wiederholen, dass die Wirtschaft dem Gemeinwohl einen Dienst erweist, wenn sie an die Ethik gebunden bleibt, die das allgemeingültige Maß für das wahre menschliche Wohl ist.“

Diese Wirtschaft tötet immer noch

Das Thema Wirtschaft ist seit den ersten öffentlichen Äußerungen von Papst Franziskus immer wieder Thema, die Formulierung „diese Wirtschaft tötet“ aus Evangelii Gaudium ist mittlerweile legendär. Die Kritik daran auch.

Der Papst ist kein Sozialist, soviel zum eingangs gemachten Statement. Der Papst steht aber in einer langen Tradition kirchlicher Lehre, zuletzt sehr deutlich von Papst Paul VI. formuliert, und die rüttelt an einem Fetisch des Westens: dem Eigentum. Es gibt kein absolutes Recht auf Eigentum, das Recht wird eingeschränkt durch den Menschen, seine Rechte und sein Würde. Papst Pius XII. hatte sogar einmal vom „Imperialismus des Kapitals“ gesprochen und damit die Debatte auf unser heutiges Wirtschaftsmodell ausgeweitet.

Wirtschaft dient dem Menschen, dieser Gedanke ist christlich und ist alt.

„Imperialismus des Kapitals“

Seit 2008, seit der Finanz- und Bankenkrise, merken wir auch bei uns, dass es nicht so weiter gehen kann. Auch wenn gerettet und gebügelt wird und alle so tun, als ob. Wenn wir an die Gottesebenbildlichkeit des Menschen glauben, dann muss das auch für ein Wirtschaftsmodell gelten.

Im 16. Jahrhundert gab es innerhalb des Katholizismus die Debatte, ob das Nehmen von Zinsen auf Kapital erlaubt sei. Nicht wenige kluge Köpfe waren dagegen, die Geschichte ist darüber hinweggegangen, selbstverständlich sehen wir heute, dass das keine Sünde ist. Nicht an sich.

Den wirtschaftlichen Debatten stellen

Nur heißt das nicht, dass wir uns nicht auch wirtschaftlichen Debatten stellen müssen. Gerade auch mit Blick auf die Schwachen. Mit Blick auf die Schöpfung. Mit Blick auf die Zukunft.

Im Herbst findet im Vatikan eine Bischofssynode zu diesem Thema statt, Anlass ist Amazonien. Aber der Blick auf diese Region stellt grundsätzliche Fragen, unter anderem auch die nach unserem Wirtschaftsmodell und danach, wie wir Ausbeutung und Zerstörung zum Nutzen des Profits einschränken wollen.

Zur Vorbereitung darauf bin ich für die kommenden zwei Wochen selber im Amazonasgebiet unterwegs. Eine Journalistenreise soll und will uns vorbereiten. Deswegen finden Sie an dieser Stelle demnächst vor allem Artikel zu diesem Thema. Diese Wirtschaft tötet, immer noch. Darüber müssen wir reden.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter #SinodoAmazonico, Ethik, Kritik, Papst Franziskus, Sozialismus, Wirtschaft, Wirtschaftsmodell5 Kommentare zu Gierig, kurzsichtig und illusorisch: Der Papst und die Wirtschaft

Beitrags-Navigation

Neuere Beiträge

Links

  • Helfen Sie meinem Blog
  • Radio Vatikan
  • RV-Newsletter bestellen

Neueste Beiträge

  • „Wohin auch immer das führen wird“
  • Respekt!
  • Selbstkritik
  • Sammelpunkt der Dynamik des Zuhörens

Kategorien

  • Allgemein
  • Benedikt XVI.
  • Bischofssynode
  • Die deutschsprachige Kirche
  • Franziskus
  • Geschichte
  • Glaube und Gerechtigkeit
  • Glaube und Vernunft
  • Interview
  • Kirche und Medien
  • Kunst, Kultur und Können
  • Neulich im Internet
  • Ökumene
  • Papstreise
  • Rom
  • Spiritualität / Geistliches Leben
  • Sprechen von Gott
  • Vatikan
  • Zweites Vatikanisches Konzil

Artikelarchiv

  • Juni 2021
  • Mai 2021
  • April 2021
  • März 2021
  • Februar 2021
  • Januar 2021
  • Dezember 2020
  • November 2020
  • Oktober 2020
  • September 2020
  • August 2020
  • Juli 2020
  • Juni 2020
  • Mai 2020
  • April 2020
  • März 2020
  • Februar 2020
  • Januar 2020
  • Dezember 2019
  • November 2019
  • Oktober 2019
  • September 2019
  • August 2019
  • Juli 2019
  • Juni 2019
  • Mai 2019
  • April 2019
  • März 2019
  • Februar 2019
  • Januar 2019
  • Dezember 2018
  • November 2018
  • Oktober 2018
  • September 2018
  • Juli 2018
  • Juni 2018
  • Mai 2018
  • April 2018
  • März 2018
  • Februar 2018
  • Januar 2018
  • Dezember 2017
  • November 2017
  • Oktober 2017
  • September 2017
  • August 2017
  • Juli 2017
  • Juni 2017
  • Mai 2017
  • April 2017
  • März 2017
  • Februar 2017
  • Januar 2017
  • Dezember 2016
  • November 2016
  • Oktober 2016
  • September 2016
  • August 2016
  • Juli 2016
  • Juni 2016
  • Mai 2016
  • April 2016
  • März 2016
  • Februar 2016
  • Januar 2016
  • Dezember 2015
  • November 2015
  • Oktober 2015
  • September 2015
  • August 2015
  • Juli 2015
  • Juni 2015
  • Mai 2015
  • April 2015
  • März 2015
  • Februar 2015
  • Januar 2015
  • Dezember 2014
  • November 2014
  • Oktober 2014
  • September 2014
  • August 2014
  • Juli 2014
  • Juni 2014
  • Mai 2014
  • April 2014
  • März 2014
  • Februar 2014
  • Januar 2014
  • Dezember 2013
  • November 2013
  • Oktober 2013
  • September 2013
  • August 2013
  • Juli 2013
  • Juni 2013
  • Mai 2013
  • April 2013
  • März 2013
  • Februar 2013
  • Januar 2013
  • Dezember 2012
  • November 2012
  • Oktober 2012
  • September 2012
  • August 2012
  • Juli 2012
  • Juni 2012
  • Mai 2012
  • April 2012
  • März 2012
  • Februar 2012
  • Januar 2012
  • Dezember 2011
  • November 2011
  • Oktober 2011
  • September 2011
  • August 2011
  • Mai 2011

Schlagwörter

Barmherzigkeit Benedikt XVI. Bischofssynode Deutschland Deutschlandreise Dialog Evangelii Gaudium Familie Flüchtlinge Franziskus Frieden Gebet Generalaudienz Gesellschaft Glaube Glauben Gott Internet Jahr des Glaubens Jesus Kirche Kommunikation Kuba Liturgie Medien Missbrauch Neuevangelisierung Papst Papst Franziskus Papstreise Politik Predigt Radio Vatikan Reform Religion Rom Sommerreise Spiritualität synodaler Weg Synode Theologie Vatikan Verkündigung Öffentlichkeit Ökumene
  • paterberndhagenkord.blog
  • Kontakt / Impressum
  • Datenschutzerklärung
Der Blog von Pater Bernd Hagenkord   |   2011 bis 2023