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Schlagwort: da ist Zukunft

Heiliger Rest?

Veröffentlicht am 20. Juli 201920. Juli 2019
Niedergang der Volkskirchen Da ist Zukunft: So war das Thema. Sie erinnern sich? 2011 war das, Papstbesuch in Deutschland, Papstmesse in Berlin

Wir halbieren uns: Die Kirchen in Deutschland werden 2060 nur noch halb so viele Mitglieder haben wie heute. Diese Nachricht ist nicht mehr ganz neu, sie hallt aber noch nach. Der Niedergang der Volkskirchen in Zahlen und als Ankündigung. Neuster Zusatz: Allein 2018 haben 200.000 Katholiken die Kirche verlassen.

Beide Großkirchen hatten eine Studie in Auftrag gegeben und veröffentlicht, die Debatte darum war heftig. Natürlich geht es auch um Kirchensteuer, also um die klug und verantwortbare Veränderung der Strukturen der Kirche. Um zu wissen, was man hält und trägt, muss man auch wissen, ob man sich das noch wird leisten können.

Niedergang der Volkskirchen

„Neu ist allerdings die Erkenntnis, dass sich weniger als die Hälfte des Rückgangs mit dem demografischen Wandel erklären lässt. Einen größeren Einfluss auf die Mitgliederentwicklung hat das Tauf-, Austritts- und Aufnahmeverhalten von Kirchenmitgliedern.“ So sagt der für die Studie verantwortliche Finanzwissenschaftler. Das bedeutet, dass das alles nicht unumgänglich ist. Es ist kein Naturgesetzt, sozusagen.

Aber wir beiben dabei: wir halbieren uns. Wir werden weiter abnehmen, weniger Menschen kommen in die Kirche, etwa durch Taufe, und mehr treten aus.

Bleibt dann der „heilige Rest“? Das hört man ja immer wieder, Verantwortliche und katholische Medien, die sich einen solchen heiligen Rest herbei wünschen oder meinen, dass das die Lösung sei. Wenige, dafür aber überzeugte Katholikinnen und Katholiken in einer von den heutigen Strukturen und Zwängen befreiten Kirche, so übersetze ich das mal.

Was bleibt?

Die Klage, bei den christlichen Kirchen ginge es nicht mehr um Glaube sondern um Struktur und Steuer ist ja nicht neu, immer wieder will man lieber eine kleine aber wirklich überzeugte Kirche als eine große.

Die Zuordnung von Struktur und Gottsuche muss stimmen, die Strukturen dürfen die Frage nach Gott nicht verdunkeln. Das könnte aus dem Papstbrief an die Deutschen stammen. Tut es aber nicht. Das ist Papst Benedikt XVI. während seiner Deutschlandreise 2011. „Wo Gott ist, da ist Zukunft” – ein Selbstzitat aus dem Besuch in Mariazell, war der Titel dieser Reise. Eine Selbstbeschäftigung helfe nicht weiter, fördere nicht den Glauben und fördere letztlich nicht die Gemeinschaft der Glaubenden in Christus, so eine der roten Linien der Reise.

„Wo Gott ist, da ist Zukunft”

Mit bleibt da aber die Frage, ob der so genannte heilige Rest diesen Wunsch der Päpste erfüllt. Denn auch Franziskus hat sich da ja sehr eindeutig in Richtung Strukturen geäußert. Ich muss zugeben, dass mich das Reden vom Rest immer etwas nervös macht. Nicht weil es dann die schönen und gut bürokratisierten Kirchenstrukturen nicht mehr gibt, in denen wir uns eingerichtet haben. Da wird sich viel ändern, da muss sich was ändern.

Nein, meine Nervosität hat woanders ihre Wurzeln. Die Vorstellung vom „heiligen Rest” geht davon aus, dass dann alles gut ist. Die Vorstellung glaubt, dass der Niedergang der Volkskirchen etwas Gutes sei. Und letztlich glauben die Vertreter dieser Vorstellung, dass sie selber jetzt schon richtig lägen. Und dass der Niedergang sie nichts anginge, im Gegenteil. Das Reden vom „heiligen Rest” ist letztlich nichts anderes als ein Fallen in eine Gewinner – Verlierer – Vorstellung. Wobei einige schon vorher bestimmen, dass sie die Gewinner sein werden.

Von Gewinnern und Verlierern

Nun müssen wir an die Probleme ran, daran führt kein Weg vorbei. Und die Zahlen sprechen ihre eigene Sprache, die Unausweichlichkeit von Veränderung wird uns spätestens klar, wenn wir auf die Statistiken und Projektionen schauen. Auch wenn sie kein Naturgesetz sind, völlig zurück wird und kann es nicht gehen.

Trotzdem: Wer das Christsein ernst nimmt, der wird die Lösung für die Probleme – und davon gibt es viele, nicht zuletzt den großen Vertrauensverlust – nur über den Glauben finden. Funktionale Lösungen helfen nicht, im Gegenteil, sie führen letztlich von Gott weg. Es wird uns niemand ernst nehmen, wenn wir nicht den Glauben leben.

Zu fromm?

Ist das zu fromm? Ist das ein Ausweichen? Statt sich der Krise zu stellen,werden wir geistlich? Nein, im Gegenteil. Ob es nun Papst Benedikt war mit seinen nicht gerne gehörten Mahnungen oder ob es Papst Franziskus in Evangelii Gaudium war und ist, ohne die geistliche Dimension wird das alles nichts. Das ist kein Ausweichen, das ist das Beschäftigen mit dem Kern der Frage.

„Die Kirche entsteht aus Gemeinschaften, entsteht von unten, aus der Gemeinschaft, entsteht aus der Taufe.“ Das ist jetzt Papst Franziskus, aus einem Interview, er erklärt seinen Gedanken der Synodalität. Das müssen wir neu in den Blick bekommen und ernst damit machen.

Sünden wurzeln in der Zukunft

Und was die Freunde des heiligen Restes angeht: „Nahezu alle Sünden haben ihre Wurzel in der Zukunft“, sagt C.S. Lewis weise. Die Zukunft sei unseren Erwartungen, Befürchtungen und Hoffnungen unterworfen, ohne dass die Realität diese einfange. Gott dagegen berühre in der Gegenwart, sagt Lewis.

Die Gegenwart ist der Niedergang der Volkskirchen, daran kommen wir nicht dabei. Aber was sagt uns das? Nicht die Flucht in den Traum eines „heiligen Restes”, in dem man sich sicher wägt und die Probleme einfach wegdrängt ist die Lösung. Sondern die Gegenward, hier und heute.

Den heiligen Rest, den gibt es nicht. Das ist eine Illusion. Dass wir Christinnen und Christen weniger werden ist nicht gut sondern traurig. Jetzt geht es aber darum, das Sprechen über den Glauben und das Leben des Glaubens wieder zukunftsfähig zu machen. Nicht parteiisch, sondern in Gemeinschaft, von unten. Dann wird es auch keine Rolle mehr spielen, wie viele wir sind.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Neulich im Internet, Ökumene, Sprechen von GottSchlagwörter da ist Zukunft, Kirche, Kirchensteuer, Mitglieder, Volkskirche, Zukunft38 Kommentare zu Heiliger Rest?

„Wohin ist Gott?“ Die kleinen Transzendenzen des säkularen Menschen

Veröffentlicht am 1. Juni 201223. September 2012
Pater Mateo Ricci, Chinamissionar, mit einem chinesischen Förderer
Pater Mateo Ricci

An diesem Freitag ist in Vallendar ein Kongress zur Frage des Glaubens in säkularer Gesellschaft zu Ende gegangen. Wie heute Sinndeutung und Transzendenz erfahren werden kann und wie das alles zu einem Impuls für die Missionarische Seelsorge bzw. Neuevangelisierung werden kann, darüber habe mit dem Organisator des Kongresses gesprochen, Prof. Joachim Söder. Ein Gespräch über die Wichtigkeit von Erfahrung und die Transzendenzerfahrung säkularer Menschen.

http://212.77.9.15/audiomp3/00318752
 

 

Der Kongress stand unter dem Titel „Wohin ist Gott?“. Wenn man Ihnen jetzt nach dem Kongress die Frage noch einmal stellt, was ist dann Ihre Antwort, wohin ist Gott?

 

Er ist hinein in die säkulare Welt gegangen, so wie es schon im Neuen Testament heißt: Er hielt nicht fest an seiner Gottheit, sondern hat sich entäußert und sich in die ‚säkulare’ Welt hinein begeben.

 

Von dem Kongress sollen Impulse ausgehen, für die Neuevangelisierung etwa und die Bischofssynode zu diesem Thema im Herbst in Rom, wie stellen Sie sich diese Impulse vor?

 

Zum Beispiel, indem wir uns nun über das eine oder das andere Thema von uns hier in Vallendar unterhalten und ich Sie damit vielleicht interessiere.

 

Was ist denn interessant gewesen an diesem Kongress?

 

Interessant gewesen ist, dass aus den unterschiedlichsten Fachbereichen – Philosophie, Soziologie, Psychologie, Pastoraltheologie, Fundamentaltheologie – jeweils eine Perspektive auf das Phänomen der Säkularisierung und dem theologisch-religiös-kirchlichen Umgang damit, nämlich der Frage, wie Neuevangelisierung erfolgen kann, geleistet wurde.

Diese Perspektivenvielfalt hat doch zu einem ganz interessanten Bild geführt.

 

Was sind denn zum Beispiel Teile dieses Bildes?

 

Vielleicht lassen Sie uns zunächst einmal über das Phänomen der Säkularisierung sprechen. Säkularisierung kann zweierlei bedeuten. Einmal kann es eine Verlagerung der spirituellen Dimension des Menschseins bedeuten; in Bereiche hinein, die kirchlich-theologisch schwer oder nicht erschlossen sind. Oder aber sie bedeutet einen Verlust der spirituellen Dimension des Menschseins, ein Verlust auf Grund von mangelnden Artikulationsmöglichkeiten.

Im zweiten Fall wäre das eine tiefgreifende anthropologische Herausforderung, denn ein Verlust der spirituellen Dimension heißt ja, dass der Mensch sein Menschsein nicht in Fülle entfalten kann.

Die erste Bedeutung von Säkularisierung, also wenn es sich nur um eine Verlagerung handelt in Bereiche hinein, die kirchlicher Verkündigung nur schwer oder gar nicht zugänglich sind, stellt eine theologische Herausforderung. Weiterlesen “„Wohin ist Gott?“ Die kleinen Transzendenzen des säkularen Menschen”

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Interview, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von Gott, Zweites Vatikanisches KonzilSchlagwörter da ist Zukunft, Gesellschaft, Glaube, Kirche, Neuevangelisierung, Säkularisierung, Seelsorge, Vallendar, Wo ist Gott12 Kommentare zu „Wohin ist Gott?“ Die kleinen Transzendenzen des säkularen Menschen

„Gott liebt uns durch die Wirklichkeit“

Veröffentlicht am 18. Mai 201223. Mai 2012
Bischof Overbeck im Interview
Essens Bischof Franz-Josef Overbeck

Wir sprechen über einen neuen Aufbruch, und das aus einer Situation der Krise: Einer finanziellen, moralischen und mit den Missbrauchsfällen auch moralischen Krise. Franz Josef Overbeck ist Bischof eines Bistums, das schon lange umbaut oder rückbaut und der aktiv den Dialog in seinem Bistum betreibt.

 

 

„Wenn Krise auch Entscheidung heißt, dann ist jetzt eine solche Zeit angebrochen. Wir sehen das sehr deutlich in unserem Bistum, das sich schon seit langem durch die demographischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in unendlichen Veränderungsprozessen, in denen die Menschen Verlierer sind, befindet.

Für die Kirche hat das viele Konsequenzen. Wir werden kleiner, und ich sage auch immer: Wir werden ärmer und demütiger. Wir können dabei aber auch gleichzeitig sehen, dass wir als ,Kirche im Volk‘ – wenn nicht mehr ,Volkskirche‘ – lernen was es heißt, mit dem Evangelium gesprochen eine kleine Herde zu sein. Das ist keine Sollensaussage, sondern eine Wesensaussage.”

 

Sie selber betreiben den Dialogprozess aktiv, wie genau geht das, wie machen Sie das?

 

„Im Bistum Essen versuchen wir es auf dreifache Weise zu realisieren. Der Dialogprozess ist für mich ein geistlicher Prozess und hat deswegen auch den Titel ,Zukunft auf Katholisch.’ Es geht um Identität, die geistlich gegründet ist und gleichzeitig sehr konkret ist. Weiterlesen “„Gott liebt uns durch die Wirklichkeit“”

Kategorien AllgemeinSchlagwörter Aufbruch, Bischof Overbeck, da ist Zukunft, Dialog, Dialogprozess, Essen, Glaube, Katholikentag, Seelsorge, Struktur8 Kommentare zu „Gott liebt uns durch die Wirklichkeit“

Einmal Aufbruch ohne Bruch, bitte!

Veröffentlicht am 16. Mai 201216. Mai 2012
Zelte um den Wasserturm in Mannheim
More of the same: Katholisches Engagement in weißen Zelten. Katholikentag 2012 in Mannheim

Liebes ZdK,

 

Sprache ist wichtig. Das sage ich als Radiomensch, als Zeitung- und Buchleser, als jemand, der zu kommunizieren versucht. Mit Verlaub und Respekt, ich bin entsetzt, was für einer Sprache ich hier in Mannheim begegne.

 

Am Dienstag haben Sie einen Text verabschiedet, der unter dem Titel „Mannheimer Aufruf“ steht. „Auf Gott vertrauen und mutig aufbrechen“ heißt er. Er will den Aufschlag geben für den Katholikentag. Oder den Ton angeben. Oder die Richtung, jedenfalls stellt er selbst den Anspruch, zu sagen, was der Katholikentag sein will. Ich bin entsetzt ob der Sprachlosigkeit dieses Textes.

Es reiht sich ein leere Aussage an die andere, meistens zusammenhanglos. Alles ist irgendwie richtig und niemand kann wirklich dagegen sein, aber Inhalt hat das alles nicht. Keine Kante, keine Schärfe, keine Klarheit.

 

Sie wollen nicht gestalten, Sie wollen mit-gestalten. Sie wollen nicht tragen, sondern mit-tragen. Das zeigt eine Partnerschaftlichkeit, die die Übernahme von Verantwortung verdeckt. Nur niemandem auf den Fuß treten, nur keine Aussage machen, die irgend jemandem missfallen könnte.

 

Sie wollen nicht, dass das Bild der Kirche von Konflikten bestimmt wird. Diese Konflikte sind aber da, und die Gemeinden vor Ort erleben sie jeden Tag. Weiterlesen “Einmal Aufbruch ohne Bruch, bitte!”

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Kirche und MedienSchlagwörter Aufbruch, Bruch, da ist Zukunft, Katholikentag, Mannheimer Aufruf, Vertrauen, ZdK29 Kommentare zu Einmal Aufbruch ohne Bruch, bitte!

Wo Gott im Tun sichtbar wird: Caritas

Veröffentlicht am 26. April 201223. September 2012

Kirchliche Strukturen gehen in der deutschsprachigen Kirche auf breiter Front zurück, jedenfalls was die Pastoral angeht. Außerdem gibt es sehr viele Auseinandersetzungen um den Umbau der Strukturen. Nicht zurück gehen aber die sozialen und caritativen Aktivitäten. Peter Neher ist Präsident des deutschen Caritasverbandes: Ihn habe ich gefragt, ob die Caritas so etwas wie das zukünftige Standbein der Kirche in Deutschland ist?

 

„Ich denke, dass wir nicht das kommende sind; wir waren immer ein wichtiges Bein, indem die Kirche in ihrem Einsatz Not sieht und konkret handelt, ob es für alte Menschen ist, für psychisch kranke Menschen ist oder für Obdachlose oder für überschuldete Menschen ist. Damit machen wir etwas vom Evangelium deutlich, und zwar von einem menschenfreundlichen Gott, der über die Arbeit der sozialen Einrichtungen wahrgenommen werden kann. Und zwar auch dann, wenn wir nicht ausdrücklich darüber sprechen. Das Tun macht deutlich, wofür wir als eine kirchliche Einrichtung stehen.“ Weiterlesen “Wo Gott im Tun sichtbar wird: Caritas”

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, InterviewSchlagwörter Caritas, da ist Zukunft, Deutschland, Entweltlichung, Gesellschaft, Gott, Kirche, Nächstenliebe, Verkündigung2 Kommentare zu Wo Gott im Tun sichtbar wird: Caritas

„Das für euch und für viele vergossen wird“

Veröffentlicht am 25. April 201225. April 2012

„Nehmet und trinket alle daraus: das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ So wird es in Zukunft auch in deutschsprachigen Messfeiern heißen. Papst Benedikt XVI. hat in einem Brief an die deutschsprachigen Bischöfe seine Entscheidung mitgeteilt. Aber der Brief ist mehr als eine Entscheidung, er ist Katechese, Einladung zum Mit-Denken, Theologie und Mystagogie, also Einführung in den Glauben über die Sakramente.

 

„Dass Jesus Christus als menschgewordener Sohn Gottes der Mensch für alle Menschen, der neue Adam ist, gehört zu den grundlegenden Gewissheiten unseres Glaubens.“

So heißt es im Papstbrief. Jesus ist „für alle hingegeben“ (Röm 8:32), „für alle gestorben“ (2 Kor 5:14, ähnlich 1 Tim 2:6). Ausführlich zitiert Benedikt XVI. in seinem Brief an die deutschsprachigen Bischöfe Schriftstellen, die deutlich sagen, dass Christi Hingabe allen gilt. Trotzdem will Papst Benedikt, dass bei der Neuübersetzung des Messbuches die Einsetzungsworte geändert werden, wo bislang „für alle“ gesagt wurde, soll nun „für viele“ gesagt werden. Warum?

In der Vergangenheit hatte dieser Streit nicht nur in den deutsprachigen Überstzungskommissionen zu Diskussionen geführt. Auch die Bischöfe waren unter sich nicht einig und haben diese Uneinigkeit auch dem Papst bei einem Besuch mitgeteilt, auch das erwähnt der Papst in seinem Brief. Anlässlich der bevorstehenden Herausgabe des neuen Gotteslobes – in dem wie beim alten auch die Messtexte enthalten sein werden – möchte der Papst nun Klarheit. Es ist erstaunlich, dass der Papst durch diese einleitenden Bemerkungen Einblick gewährt in die Diskussionen zwischen ihm und den Bischöfen. Er möchte, dass seine Entscheidung nachvollziehbar wird. Der Brief ist für die Bischöfe geschrieben, aber seiner Form nach für alle bestimmt, denen die Messfeier ein Anliegen ist. Er wirbt darum, dass wir seine Entscheidung nachvollziehen. Weiterlesen “„Das für euch und für viele vergossen wird“”

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Vatikan, Zweites Vatikanisches KonzilSchlagwörter Benedikt XVI., Bischöfe, da ist Zukunft, Einsetzungsworte, Eucharistie, für viele, Katechese, Kelchwort, Liturgie, Messbuch, Mystatogie, Papstbrief, Pro Multis, Übersetzung, Zweites Vatikanum60 Kommentare zu „Das für euch und für viele vergossen wird“

Diaspora 2: Kirche ≠ Kirche

Veröffentlicht am 20. April 201219. April 2012
Ansicht der Elisabethenkirche in Basel
Basel, Elisabethenkirche: Kirche oder Kirche? (c) Noebu

Zukunft der Kirche, das kann man auch verstehen als Zukunft der Gebäude. So stellt es sich jedenfalls – zum Beispiel – in Basel dar. Was tun mit den nicht mehr für Gottesdienste gebrauchten Kirchenbauten? Das Christentum geht in die Diaspora, auch hier wird es deutlich. In Basel finden nun vom kantonalen Denkmalamt organisierte Führungen unter dem Titel „Zukunft Kirchenraum“ statt. Es geht um Erhalt der Gebäude.

Einige Kirchen bleiben so sichtbar: In Basel etwa gefüllt durch ein Museum und ein Künstlerhaus. Der Grund dafür ist der kulturgeschichtliche Wert. Uns spätestens hier bekommt die entstehende Diaspora Europas noch einmal eine andere Farbe: Das Christentum und seine Hinterlassenschaften sind allenfalls noch kulturgeschichtlich wertvoll.

Besser als die Niederlande ist das allemal, dort entsteht schon einmal eine Diskothek in einer Kirche, da ist Basel mit seinem Denkmalpflegeansatz viel besser. Trotzdem wächst nun eine Generation von Menschen heran, für die das Äußere einer Kirche nicht mehr unbedingt auf den Inhalt schließen lässt. Stellen Sie sich vor: In 50 Jahren sind die meisten Kirchen keine Gottesdiensthäuser mehr. Das In-Eins-Setzen von Kirche (= Gebäude) und Kirche (= Gemeinde) wird schief.

Die europäische Diaspora entsteht, nicht nur in den Großgemeindeverbänden. Und sie wird nicht nur in den Entfernungen zwischen Gottesdienstorten entstehen, nicht nur in den Zahlen, wenn die Christen Minderheiten werden.

Sie wird auch in den Köpfen entstehen, wenn eine Kirche keine Kirche mehr ist.

Kategorien AllgemeinSchlagwörter da ist Zukunft, Diaspora, Glauben, Kirche, missionarische Seelsorge, Neuevangelisierung2 Kommentare zu Diaspora 2: Kirche ≠ Kirche

Diaspora 1: Den Glauben zählen

Veröffentlicht am 19. April 201219. April 2012
Die Marienkirche und der Funkturm in Berlin
Der Himmel über Berlin

Gottesglauben in Ostdeutschland der geringste weltweit. Die Universität Chicago hat eine Studie veröffentlicht [Belief About God Across Time and Countries], die den östlichen Bundesländern die rote Laterne in Sachen Glauben gibt. 30 Länder wurden untersucht, als gemeinsamer Nenner wurde eine christliche Prägung gewählt. Die Fragen richteten sich auf den Grad des Gottesglaubens, also vom Atheismus bis zum Glauben an einen personalen Gott. Auch ist nach Wandlungen im Laufe des eigenen Lebens gefragt worden.

Das Ergebnis: Die christliche Diaspora ist mitten in Europa. Nur 13 % der Ostdeutschen erklärten laut der Studie, sie seien schon immer gläubig gewesen. 59 % und damit mehr als anderswo sonst gaben an, dass sie „niemals an Gott geglaubt” hätten. Das Gegenstück hierzu sind die Philippinen, hier sind es nur 1 % Atheisten.

Interessant ist auch folgendes Ergebnis: Weltweit sei der Glaube an einen Gott eher rückläufig, auch wenn der Report starke „regionale und kulturelle Differenzen“ feststellt, ein offensichtliches Beispiel sind Polen und der Nachbar Ostdeutschland, die zwei völlig verschiedene „Glaubensstärken“ aufweisen. Diese Frage will eine Entwicklung feststellen, um diese aufzeigen zu können, hat man nur Länder ausgewählt, die schon bei zwei vorhergehenden Studien untersucht wurden. Das ergibt noch ein zweites Ergebnis, auch das nicht überraschend: Es gibt einen Unterschied im Alter. Durch die Bank steigen die Zahlen der Glaubenden bei älteren Menschen Weiterlesen “Diaspora 1: Den Glauben zählen”

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und VernunftSchlagwörter Atheismus, da ist Zukunft, Diaspora, Gesellschaft, Glauben, Kirche, missionarische Seelsorge, Neuevangelisierung, Ostdeutschland, Studie, Verkündigung15 Kommentare zu Diaspora 1: Den Glauben zählen

Nachbetrachtung zur Kubareise: „… da ist Zukunft“

Veröffentlicht am 2. April 2012
Papstsprecher Pater Lombardi wird auf Kuba von Radio Vatikan interviewt
Kuba: Der Kollege Luca Collodi interviewt Pater Lombardi im Papstreisestudio von Radio Vatikan

Reise der Hoffnung – so hat Pressesprecher des Papstes Pater Federico Lombardi die Pastoralreise nach Mexiko und Kuba vor der Abreise beschrieben. Irgendwie hatte ich nicht ganz im Blick, wie treffend diese Bezeichnung sein würde.

Nun, Mexiko habe ich nicht besuchen können. Aber auf Kuba traf das zu. Vor dem Besuch und nachher hatte ich die Möglichkeit, mit vielen Leuten zu sprechen, vom üblichen Taxifahrer über normale Leute auf der Straße, Verkäufer und so weiter. Und alle – auch die, die selber mit Religion nichts anfangen können – haben sich über das positive Signal des Besuches des Papstes gefreut. Und wenn Freude das falsche Wort sein sollte: Stolz oder Respekt sind ebenso gute Bezeichnungen. Und selbst wenn sie nicht gehört haben, was der Papst gesagt hat und bei den Messen nicht dabei waren: Allein die Anwesenheit war für die Kubaner so etwas wie ein geöffnetes Fenster.

Ein messbares Ergebnis hatte der Besuch nicht. In diesem Jahr ist der Karfreitag ein Feiertag und die Regierung denkt darüber nach, das permanent zu machen, aber das ist eine Geste, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Das nicht messbare Ergebnis wird sein, wie sehr der Besuch dabei helfen wird, den Raum, den die Kirche dort hat, zu vergrößern. Und damit meine ich Bewegungsraum, Spielraum wie auch ganz bewusst physische Räume. Es geht dabei gar nicht einmal so sehr um die Institution, es geht darum, dass die aus dem Glauben kommenden Initiativen ihren Raum brauchen. Dieser Raum sollte nicht nur geduldet, er sollte gewollt oder geachtet, zumindest respektiert werden.

Das geht nicht von heute auf morgen und die Vertreter der Kirche, die Priester und die Gläubigen, die ich habe sprechen können, sind verschieden zuversichtlich, wenn überhaupt. Aber es muss angegangen werden, gerade jetzt, wenn – wie der Papst so klar formuliert hat – Kuba bereits auf das Morgen schaut. Es wird sich viel tun auf der wunderbaren Insel. Der Glaube und die Gemeinschaft der Glaubenden sollte dazu beitragen können, dass das menschlich und würdevoll geschieht. Und dann gibt es auch die Chance auf eine erneuerte Verkündigung des Glaubens in einem Land.

Mir klang bei den Papsttagen in Kuba noch das Motto der Deutschlandreise in den Ohren: „Wo Gott ist, da ist Zukunft“. Das Gleiche kann man auch über diese Kubareise schreiben.

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Glaube und Gerechtigkeit, Papstreise, VatikanSchlagwörter Benedikt XVI., da ist Zukunft, Frieden, Gesellschaft, Kirche, Kuba, Nachbetrachtung, Neuevangelisierung, Papstreise, Reflexion, Veränderung, Wandel6 Kommentare zu Nachbetrachtung zur Kubareise: „… da ist Zukunft“

„Reisende Tabernakelfüller brauchen wir nicht”

Veröffentlicht am 26. Februar 201223. September 2012

Was ist eigentlich ein moderner Priester?

Prälat Wilhelm Imkamp zu Besuch in der Redaktion von Radio Vatikan
Wilhelm Imkamp

„Ein moderner Priester ist sicherlich ein Priester, der die Konventionen seiner Umgebung sprengt. Die Verbürgerlichung des Priestertums oder die Ver-Beamtisierung des Priesters in Deutschland ist sicherlich ein Schritt in die falsche Richtung. Ein Priester muss unkonventionell sein und muss hörbar sein, hörbar und verständlich. Das halte ich für das entscheidende.“

 

Das sagt Prälat Wilhelm Imkamp. Er selbst gehört zu dieser Art Priester. Hauptberuflich ist er Wallfahrtsleiter von Maria Vesperbild im Bistum Augsburg, aber Talkshows gehören ebenso zu seinem Wirkungskreis wie die Spalten der BILD-Zeitung. Ein kontroverser Priester, der sich nicht versteckt. Ich habe mich mit ihm darüber unterhalten, wie er sich das Priestertum im 21. Jahrhundert vorstellt.

 

Prälat Imkamp, Sie sind so etwas wie ein „bunter Hund“, bekannt und kontrovers, ihnen wird widersprochen. Aber man bekommt auch den Eindruck, dass Ihnen das nicht unbedingt unlieb ist. Kann man das so sagen?

„Natürlich. Wem es in der Küche zu heiß ist, der sollte nicht Koch werden. Ich habe die Aufgabe und die Verpflichtung, die Wahrheit rüberzubringen und es ist mir furchtbar egal, ob ich die mit Henrik M. Broder, der BILD-Zeitung oder einer Kirchenzeitung herüberbringe. Die Hauptsache ist, dass die Leute damit konfrontiert werden. Weiterlesen “„Reisende Tabernakelfüller brauchen wir nicht””

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Kirche und MedienSchlagwörter da ist Zukunft, Fusion, Gebet, Gesellschaft, Jahr des Glaubens, Kommunikation, Neuevangelisierung, Pfarrer, Priester, Tabernakel, Verkündigung, Wahrheit, Wallfahrt, Wilhelm Imkamp38 Kommentare zu „Reisende Tabernakelfüller brauchen wir nicht”

Weltverneinung und Weltbejahung

Veröffentlicht am 13. Januar 2012

Auf dem Weg zur Entweltlichung, Teil 4. Vor einiger Zeit hatte ich hier an dieser Stelle ein wenig in den Werken des Theologen Rudolf Bultmann geblättert, von dem – unter anderen – der Begriff der Entweltlichung geprägt wurde. Es gab und gibt eine Reihe von Übereinstimmungen in den Gedanken des Papstes und in denen des evangelischen Theologen.

Aber die Übereinstimmungen sind nicht alles. Bultmann kann auch als Negativfolie hilfreich sein, denn es gibt auch klare und manifeste Unterschiede in den Theologien Ratzingers und Bultmanns. Und damit möchte ich einen weiteren Schritt auf dem Weg zum Verständnis des Redens von der ‚Entweltlichung’ machen. Weiterlesen “Weltverneinung und Weltbejahung”

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Glaube und VernunftSchlagwörter Benedikt XVI., Bultmann, da ist Zukunft, Deutschlandreise, Entweltlichung, Freiburg, Freiburger Rede, Glaube, Gott, Joseph Ratzinger, Menschwerdung, Theologie, Wahrheit, Welt39 Kommentare zu Weltverneinung und Weltbejahung

Wir verlieren uns an die Welt: Lesen wir Rudolf Bultmann

Veröffentlicht am 17. Dezember 201119. März 2019

Auf dem Weg zur Entweltlichung, Teil 3. Bis jetzt habe ich ein wenig das Umfeld der Freiburger Rede betrachtet, vor allem das Konzil und das Dokument „Gaudium et Spes“, aus dem einer der Hauptgedanken der Papstrede stammt. Was aber eindeutig neu ist, ist der Begriff der „Entweltlichung“, der ja in der Folgezeit auch das Stichwort in der Öffentlichkeit geworden ist. Ich halte es für hilfreich, sich diesen Begriff einmal genauer anzuschauen, um den Papst besser verstehen zu können.

Schauen wir als erstes auf das Wort selber. Es ist ja zunächst klar verständlich, was an der Konstruktion des Wortes liegt. „Ent-“ ist ein Präfix, das eine Trennung ausdrückt. Nicht den Zustand des getrennt seins, sondern den (gewünschten) Vorgang des Trennens. Man entfernt, schafft also eine Ferne, eine Distanz. (Lassen wir in diesem Zusammenhang die zweite Bedeutung, ent-springen, ent-flammen, also etwas beginnen, weg, denn das ist offensichtlich nicht gemeint). Es wird also eine Ferne und Distanz zur Welt geschaffen. Soweit ist das sehr klar und eindeutig.

Allerdings ist der Begriff der „Entweltlichung“ keine Wortschöpfung Benedikt XVI., noch ist es ein im Alltag gebrauchtes Wort. In der Theologie ist es ein Begriff, den der evangelische Theologe Rudolf Bultmann geprägt und in die theologische Debatte eingeführt hat. Der Begriff taucht ansonsten auch bei Martin Heidegger auf. Ich denke aber, dass wir bei Bultmann gut aufgehoben sind, teilen Benedikt XVI. und er doch ihre Verankerung im Johannesevangelium und im Spannungspaar Welt – Gott. Dazu aber ein andern mal mehr.

Nun ist Bultmanns Lehre von der Kirche nicht gleich der katholischen, es gibt bedeutende und trennende Unterschiede. Benedikt XVI. hat in seiner Freiburger Rede auch seine eigene Lesart von „Entweltlichung“ deutlich gemacht, trotzdem meine ich aber, dass es sich lohnt, einmal bei Bultmann nachzuschauen. Beginnen wir aber nicht bei der Entweltlichung, beginnen wir bei der Welt selber.

Die ‚Welt’ Rudolf Bultmanns

Die ,Welt‘ versteht Rudolf Bultmann als Art und Weise, wie wir Menschen uns sehen und verstehen und wie wir leben. Das bedeutet, dass der Mensch sich selber begreift und verankert, in dem er auf die Mechanismen der Welt schaut. Wir unterwerfen uns die Welt, also verstehen wir uns als Unterwerfer und Herren. Wir verfügen über Dinge, also sehen und verstehen wir uns als Macher. Wir messen und nutzen, also sehen wir nur Messbares und Nutzbares. Daraus folgt, dass nur noch der materielle Nutzen als Norm unseres Handelns gilt: Was nützt, ist gut.

Das hat zudem noch die Folge, dass wir unsere Welt und dann auch uns Menschen organisieren. Solche Organisation verdrängt das Vertrauen zwischen Menschen, letztlich auch die Verantwortung. Das, was wir sind, geht nämlich nicht in solche Organisationen auf, das geht ja auch gar nicht. Wir sind mehr. Wenn wir uns aber als Teil einer solchen Institution wie Staat oder Volk etc. verstehen, wenn wir uns als Teil davon sehen, dann verdrängen wir etwas von uns, was uns individuell macht.

Hier merkt man deutlich, dass Bultmann als Teil der bekennenden Kirche gegen jede Form des Totalitarismus Stellung bezieht: Der Mensch definiert sich nicht von der Masse aus, von der Gemeinschaft, sondern ist selbst ein Individuum. Für uns heute scheint das selbstverständlicher als für Bultmann damals.

Was aber viel weniger zeitbedingt ist, ist Bultmanns Kritik am Relativismus. Wir Menschen hätten uns seit Beginn der Moderne als Teil eines historischen Prozesses zu sehen gelernt, wir sehen also unsere Geschichte. Wenn wir Geschichte sehen, dann aber immer auch die Möglichkeiten, wie es hätte anders sein können. Wir schauen die vielen Gründe und Motive, durchschauen die Komplexität historischer Vorgänge und erklären einzelne Dinge nicht mehr nur durch ‚Glauben’ oder ‚Macht’, alles wirkt zusammen. Bultmann beschreibt die Reaktion der Menschen hierauf als Relativismus: Wir hätten gelernt, die Möglichkeit zu leugnen, wirklich etwas von der Welt erkennen zu können. Alles sei kontingent, alles sei möglich oder auch nicht. Das betrifft dann auch sie Ethik: Verbindliche Moral kann es nicht geben, alles ist relativ in der Geschichte. Und das folgt dann ja auch logisch aus dem ersten Gedanken: Wenn der Nutzen zählt, dann kann es nichts geben, was größer ist. Alles muss sich letztlich dem Nutzen unterwerfen oder aus dem Nutzen legitimieren.

Ganz modern und zugegeben Bultmann nicht gerecht werdend könnte ich überspitzen: Anything goes.

Ganz wichtig ist für Bultmann, dass das alles sehr abstrakte Gedanken sind. Es ist keine Sozialkritik, die er in seiner Theologie entwickelt, er schaut nicht auf konkrete Anlässe oder Phänomene, sondern es sind Schlüsse, die er aus seinem Verständnis des Menschen heraus zieht. Es geht um Deutungen aus der Anthropologie heraus, aus der Art und Weise, den Menschen zu sehen und zu verstehen.

Das Problem: Wenn wir uns als Mensch früher als Geschöpf verstanden haben, das in die Schöpfungsordnung Gottes hineingehört, so wollen wir nun selbst sein, Geltung haben. Diese Geltung verschaffen wir uns in der ‚Welt’ durch Leistungen und durch all das, was wir tun. Wir sind wer wir sind durch Selbstbehauptung, durch unser Verhältnis zur Welt. Wir tun, schaffen, machen, und deswegen sind wir. Wir wollen unser Leben selbst in die Hand nehmen und sehen uns als diejenigen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen.

Wenn wir das aber wollen, dann sind wir auf die Möglichkeiten beschränkt die das Sichtbare und uns Verfügbare uns gibt. Kurz: Die Welt. Diese Welt beschränkt uns, weil sie alles ist, was wir sehen, um ich selbst sein zu können. Die Welt wird Norm, die Welt wird Raum unseres Lebens. Und weil wir glauben, Herren der Welt zu sein, glauben wir auch, Herren unserer selbst zu sein. Und weil die Welt – das uns Verfügbare – uns genügt, genügen wir uns selbst. Wir verlieren uns an die Welt, sagt Bultmann.

Das ist Sünde. Wenn wir uns an die Welt verlieren, entfernen wir uns auch vom uns Unverfügbaren, von Gott.

Konsequenz der ‚Welt’: Relativismus

Wer Papst Benedikt XVI. zuhört, dem wird einiges bekannt vorkommen, und das nicht nur aus der Freiburger Rede. Nun ist die Theologie des Papstes nicht die Theologie Rudolf Bultmanns, es gibt bedeutende Unterschiede. Aber greifen wir einfach zum letzten Text, den der Vatikan veröffentlicht hat, zur Botschaft des Papstes zum Weltfriedenstag. Da heißt es (eine Ansprache vom Juni 2005 zitierend): „Ein besonders tückisches Hindernis für die Erziehungsarbeit stellt heute in unserer Gesellschaft und Kultur das massive Auftreten jenes Relativismus dar, der nichts als definitiv anerkennt und als letzten Maßstab nur das eigene Ich mit seinen Gelüsten gelten lässt und unter dem Anschein der Freiheit für jeden zu einem Gefängnis wird, weil er den einen vom anderen trennt und jeden dazu erniedrigt, sich ins eigene „Ich“ zu verschließen.“ Und weiter: „Im Innern seines Gewissens entdeckt der Mensch ein Gesetz, das er sich nicht selbst gibt, sondern dem er gehorchen muss und dessen Stimme ihn zur Liebe und zum Tun des Guten und zur Unterlassung des Bösen aufruft und dazu, die Verantwortung für das vollbrachte Gute und das getane Böse zu übernehmen.“ Man kann bei Benedikt XVI. und Kardinal Joseph Ratzinger viele ähnliche Formulierungen finden, etwa in der Eröffnungsansprache zum Konklave April 2005 oder auch in seinem letzten Interviewbuch ‚Licht der Welt’.

Was ich damit sagen will: Mir scheint, dass die Kritik, die Bultmann aus seinem Verständnis der Welt entwickelt, sich ähnlich bei Benedikt XVI. findet. Beide sagen, dass das uns Verfügbare, die ‚Welt’, uns nicht bestimmen darf, weil dann alles relativ würde und wir Liebe und Gewissen verlieren würden. Entweltlichung – und mit diesem Gedanken möchte ich diesen Teil beenden – wäre demnach ein Schritt auf Gott zu, weg von unserem Selbstverständnis als Teil der Welt. Wenn wir aufhören, uns selbst und das von uns geschaffene wichtig zu nehmen und wenn wir aufhören, die Normen unseres Denkens und Handelns in der Welt selbst zu suchen, dann werden wir (wieder) offen für Gott. Ich denke, diese Position lässt sich bei beiden Theologen finden. Aber das will ich mir noch einmal genauer ansehen.

 

 

Anmerkung: Geholfen hat mir bei diesen Gedanken neben eigener Lektüre ganz besonders eine Promotionsschrift: Bernhard Dieckmann, ‚Welt’ und ‚Entweltlichung’ in der Theologie Rudolf Bultmanns, 1977 erschienen.

 

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Glaube und VernunftSchlagwörter Benedikt XVI., da ist Zukunft, Deutschlandreise, Entweltlichung, Existenzialismus, Freiburg, Gaudium et Spes, Joseph Ratzinger, Kirche und Welt, Rede, Relativismus, Rudolf Bultmann, Welt4 Kommentare zu Wir verlieren uns an die Welt: Lesen wir Rudolf Bultmann

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